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Welche Karnivoren bilden Amylase und wieso?


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Guest Katharina
Posted

Hallo,

ich schreibe im Moment Facharbeit über Karnivoren und beschäftige mich gerade mit der Enzymatik.

Im Karnivorenbuch von Barthlott steht, dass die Amylase in Nepenthes, Pinguicula, Dionaea und Darlingtonia vorkommt. In Internetartikeln und in "The carnivorous plants" von Juniper wird dagegen angegeben, dass Pinguicula die einzige Art ist, die Amylase ausbildet. Welche These ist richtig?

Außerdem ist doch unverständlich wieso die Pflanze das überhaupt ausbildet. Tiere besitzen doch keine Stärke oder? Was für Vermutungsansätze gibt es hierzu?

Falls irgendjemand Ideen hat, bitte helft mir. Ich bin für jede Anregung dankbar :)

Liebe Grüße, Katharina

Posted

Hallo Katharina,

ich war jetzt selbst etwas verwirrt, aber ist es nicht so, dass Amylase im Allgemeinen Kohlenhydrate wie z.B. Stärke spaltet. Also auch tierische Kohlenhydrate?!

Steht z.B. hier etwas drüber: http://de.wikipedia.org/wiki/Amylase

Oder liege ich da jetzt falsch?

mfg Björn

Posted

Hallo Katharina,

im Zweifelsfalle immer beide Aussagen anführen. Dann kurz auf das Entstehungsdatum verweisen und daraus begründet ableiten, dass die neuere Version die ist auf die Du dich verlässt. Du kannst als Nichtfachfrau und ohne eigene Untersuchungen nichts anderes tun.

Die Produktion von Amylase bei Carnivoren macht durchaus Sinn. Eine Pflanze hat nicht die Möglichkeit ihre Beute zu selektieren. Alleine die Lockmechanismen und der Aufbau des Fangapparates haben einen Einfluss daruf, was hauptsächlich gefangen wird. Sollte sich etwas anderes in die Falle verirren, so kann die Pflanze es ja nicht wieder ausspucken.

Warum aber das gute Material verschenken oder gar im Fangapparat verrotten lassen? Das wäre Verschwendung und es bestünde die Gefahr von Infektionen. Da ist es sinnvoller den Beifang zu verdauen. Außerdem steht phasenweise massenhaft potenzielle pflanzliche Beute (z.B. Pollen) zur Verfügung. Bei Pinguicula machen Pollen sogar bis zu 70% der Beute aus (wenn ich nur wüßte, wo ich das gelesen habe).

Die tierische Speicherform von Glukose ist nicht Amylose (Stärke), sondern Glykogen. Amylose ist ein lineares Molekül mit 1,4 alpha-glykosidischer Bindung, Glykogen ist verzweigt. Das Glykogen hat zwar auch 1,4-alpha-glykosidische Bindungen im linearen Teil, die Verzweigungen sind aber 1,6-alpha-..... an den Hauptstrang gebunden. Diese Bindungen kann Amylase nicht knacken, sie kann also höchstens an den Kettenenden knabbern.

Guest Frank Uliczka
Posted (edited)

Hallo,

Amylase ist aber nicht nur in der Lage an den Enden der Moleküle zu knabbern, sondern kann auch wahllos mittendrin die alpha-1,4-glykosidische Bindung knacken wobei das Disaccharid Maltose abgespalten wird. Über weitere enzymatische Vorgänge entsteht Glucose.

Da Glykogen in tierischen Muskelzellen in hohem Anteil vertreten ist macht die Spaltung von Glykogen durch Amylase durchaus Sinn macht - es kann zwar nicht das gesamte Molekül abgebaut werden, aber immerhin ein zusätzlicher Energiegewinn.

Die alpha-1,4-glykosidische Bindung ist übrigens nicht linear (wird in den Büchern immer falsch dargestellt), sondern ist um ca. 90° abgeknickt. Darum bildet ein alpha-1,4-Glucosepolymer (Stärke) auch eine Helix und nicht wie bei der Cellulose lineare Ketten!

mfg,

Frank

Edited by Guest
Posted

Hi,

Mensch leg doch nicht jedes Wort auf die Goldwaage! Bei dem Ausspruch mit dem `an den Enden knabbern´ war ja wohl offensichtlich, dass es sich nicht um eine wissenschaftlich korrekte Ausführung handelt :!:.

Nichts desto Trotz bleibt ein nicht unerheblicher Rest des Glykogen-Moleküls ungespalten. Zumal immer einige Glukose-Moleküle vor der Verzeigung mit der Spaltung der Molekülkette gestoppt werden muss. Der große Vorteil der Amylase dürfte aber die bedingte Einsetzbarkeit für beide Polysaccharid-Arten sein.

Amylose ist ein lineares Molekül mit 1,4 alpha-glykosidischer Bindung, Glykogen ist verzweigt.
Über die räumliche Form der Bindung habe ich nichts gesagt. Und bevor Du es ergänzt, Die Molekülkette der Amylose bildet eine helikale Raumstruktur.
Guest Katharina
Posted

Vielen Dank für eure Hilfe. Ihr habt das ganze schon viel verständlicher gemacht :)

Was ich aber nicht so genau verstehe: Ich dachte eine Pflanze ist hauptsächlich karnivor um Stickstoffe und Phosphate aufzunehmen, da in ihrem nährstoffarmen Boden diese nicht enthalten sind.

Nimmt sie jedoch auch Glucose und niedermolekulare Stoffe auf? Das wäre ja auf jeden Fall sehr praktisch, da sie dann ihre Photosynthese zurückschrauben könnte bzw. einen höheren Energiegewinn bei gleicher Photosynthese-Leistung hätte.

Es leuchtet mir also durchaus ein, dass sie nicht nur Nährstoffe aus den Insekten aufnimmt. Welche Stoffe außer Glucose und Stickstoff/Phosphat kann sie denn noch verwerten?

Welche Enzyme spalten eigentlich von welchen Molekülen Stickstoff und Phosphat ab?

Das weicht jetzt zwar ein bisschen von der ursprünglichen Frage ab, aber ich hoffe, dass ihr mir trotzdem weiterhelfen könnt.

Die deutsche Literatur ist nämlich leider extrem dünn zu diesem Thema. Außer dem Karnivorenbuch von Barthlott hab ich noch kein wissentschaftliches deutsches Karnivorenbuch gefunden. Die englischen sind extrem kompliziert und ich hab die genauen Stoffe, die aufgenommen werden bis jetzt noch nicht gefunden.

Liebe Grüße, Katharina

Posted

Hallo,

ich wollte nur zur Ergänzung darauf hinweisen, dass sich im "Barthlott" Fehler eingeschlichen haben. Die Tabelle auf S. 41 stimmt nicht mit den Angaben im Fließtext überein. In dem Cephalotuskapitel steht geschrieben, die Art würde Esterasen, Phosphatasen, Proteasen, Amylasen und Ribonucleasen produzieren. Der Tabelle nach jedoch fehlen letztere beiden. Vielleicht kann ja jemand aufklären.

Schade eigentlich dass Informationen, die gerade dieses Buch auszeichnen sollen, widersprüchlich sind. Der neuen wissenschaftlichen Details wegen habe ich mir nämlich dieses Buch gekauft.

Gruß Sebastian

Posted

Hi,

@Katharina:

Nimmt sie jedoch auch Glucose und niedermolekulare Stoffe auf? Das wäre ja auf jeden Fall sehr praktisch, da sie dann ihre Photosynthese zurückschrauben könnte bzw. einen höheren Energiegewinn bei gleicher Photosynthese-Leistung hätte.

Scheidet die Pflanze entsprechende Enzyme aus, so wird sie die Stoffe in den meisten Fällen auch aufnehmen, sonst würde die Sezernierung der Enzyme keinen Sinn ergeben.

Es leuchtet mir also durchaus ein, dass sie nicht nur Nährstoffe aus den Insekten aufnimmt. Welche Stoffe außer Glucose und Stickstoff/Phosphat kann sie denn noch verwerten?

Welche Stoffe zersetzen die sezernierten Enzyme der verschiedenen Karnivoren denn und was kommt dabei raus? Schon hast Du die Antwort.

Welche Enzyme spalten eigentlich von welchen Molekülen Stickstoff und Phosphat ab?

Steht in den meisten Biochemie-Büchern (kannst auch mal googlen), sonst musst Du uns noch als Co-Autoren angeben ;-).

  • 2 months later...
Philipp Schneider
Posted

Kannst ja mal wenn es fertig ist die Datei einem unserer "Experten" schicken und der schaut noch mal drüber :D Oder ist das verboten?

Andreas Fleischmann
Posted

Hallo!

Nicht jedes Enzym, das in/auf den Blättern einer karnivoren Pflanze nachgewiesen wurde, stammt auch tatsächlich von der Pflanze! Auf so ziemlich jeder Karnivore leben nämlich unzählige Mikroorganismen, v.a. pilzliche (Hefen) und prokaryotische (Bakterien s.l.). Diese produzieren als Exoverdauer einen reichhaltigen Enzymcocktail, denn sie an die Umgebung ausscheiden. Gerade ältere Enzymnachweise an Karnivoren (oder wenn man mit einfachen Mitteln arbeitet) weisen natürlich auch diese Enzyme nach. Pinguicula z.B. ist für eine reiche Mikroflora (/-funga) bekannt, Cephalotus und Darlingtonia ebenso, und bei Kannenfallen mit offenem Deckel, die ständig vom Regen geflutet werden (Heliamphoren, Sarracenia purpurea, Nepenthes ampullaria,...) scheine eigene Enzyme gegenüber der Verdaungsleistung von Bakterien sogar eine untergordnete Rolle zu spielen. Kommt aber auch auf das Alter und den "Füllungsgrad" der Kanne an!. Bei Cephalotus, Nepenthes und Sarracenia wurden bis zu 44 Arten von Mikroorganismen in den Fallen gefunden, einige davon auch mit proteolytischer Aktivität. Chitinasen, die z.B. für Byblis liniflora nachgewiesen wurden, stammen nicht von der Pflanze selbst, sondern von auf ihr lebenden Hefen. Drosera dagegen scheint Bakterien keinen optimalen Lebensraum zu bieten, im Versuch künstlich in den Schleim gebrachte Bakterien wurden ziemlich schnell lysiert (cf. K. Pranijc et al., Insitut für mikrobielle Ökologie, Wien; bisher glaub ich noch nicht publiziert).

Bartek Plachno von der Uni Krakow, Polen ist ziemlich aktiv, was die Untersuchung von Verdauungsenzymen und Mikroorganismen in Karnivoren angeht (und zudem ein netter Kerl, der dir sicher bei deiner Arbeit gut helfen kann! Katharina, ich hab dir seine e-mail-Adresse per PM geschickt, frag doch einfach mal bei ihm nach!). Er hat z.B. Phosphatase-Aktivität (jetzt weißt du auch gleich, wer für das Phosphat sorgt! ;-)) DIREKT in situ nachgewiesen in den Verdauungsdrüsen von Utricularia (19 Arten aus verschiedensten Sektionen untersucht), Genlisea, in den gestielten und sessilen Drüsen von Pinguicula, in den sessilen Drüsen von Byblis liniflora (Siggi, falls du das auch liest, ich wollte dir das schon vor einiger Zeit mitteilen! Sieht so aus, als wäre der "Ruf" von B. liniflora als "echte" Karnivore auch wieder hergestellt! ;-)), in den Tentakelköpfchen von Drosera, in den Drüsen von Cephalotus, Nepenthes und - jetzt kommts!!!- auch von BROCCHINIA REDUCTA (sorry für's Großschreiben von Art- und Gattungsnamen ;-). Aber damit ist Brocchinia, zumindest mit einer Art, als "echte" Karnivore bestätigt!)

Jede Pflanze besitzt übrigens Amylasen, sonst könnte sie ja ihre Speicherreseven nicht wieder mobilisieren! ;-)

Alles Gute,

Andreas

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