Drosera_Deutschland Posted July 24, 2010 Share Posted July 24, 2010 Hallo, ich besitze eine Drosera Intermedia in Freilandhaltung und möchte die Experten hier mal einiges zum Sonnentau in Deutschland fragen. 1.) Es gibt doch 3 Arten in Deutschland richtig? Intermedia, Rotundifolia und Anglica. 2.) Welches ist der "echte Deutsche" Sonnentau? Vllt wurde ja eine Art eingeschleppt o eingebürgert? 3.) Gibt es Untersuchungen wie lange eine Art schon in Deutschland heimisch ist? Seit der Eiszeit vllt? 4.) Welche Art ist also die Älteste? 5.) Ist Dro. Anglica ein Hybrid aus Rotundifolia und Longifolia (oder so)? Also keine eigenständige Art? Sind also nur Intermedia und Rotundifolia "echt Deutsch"? 6.) Gibt es Hybride zwischen den Beiden? Und können sie sich Fotpflanzen? 7.) Hat schon jmd die Gene untersucht um die Verwandschaft aus den 3 Arten zu erkennen? 8.) Wo liegt der Urspung der Entstehung dieser Arten? 9.) Welche Art gibt es öfter, Intermedia, Rotundifolia oder Anglica in Deutschland? 10.) Nachfrage zu Dr. Anglica. Kann es sein, dass dieser auch "Longifolia" genannt wird? Das verwirrt mich ein wenig. Und wenn Anglica tatsächlich ein Hybrid sein sollte aus Rotundifolia und Longifolia z.b., wie kann sich dieser dann forpflanzen? Ich habe in Erinnerung, dass die Mendelschen Gesetzte das verbieten. Hat Dr. Anglica also doch eine eigene Evolutionsgeschichte? Das wäre es ersteinmal . Freue mich schon auf die Antworten der Experten hier . Gruß! Link to comment Share on other sites More sharing options...
Kevin Tonnerre Posted July 24, 2010 Share Posted July 24, 2010 Ich versuche das jetzt einfach aus dem Kopf zu beantworten. Habe leider keine Literatur über Drosera Evolution zur Hand. 1. Ja, desweiteren gibt es aber noch D. x obovata (Kreuzung aus Drosera rotundifolia und Drosera anglica) und wahrscheinlich D. x beleziana (Kreuzung aus Drosera rotundifolia und Drosera intermedia), die Kreuzung aus Drosera anglica und Drosera intermedia ist nur schon wegen der Tatsache, dass die Arten sehr selten den gleichen Standort besiedeln extrem selten und wird oft übersehen. Ich denke jedoch, sie kommt nicht vor in Deutschland. 2. "Echt" sind alle, es kommt nur darauf an wie weit du in der Geschichte zurückgehen willst, es sei denn ich verstehe deine Frage falsch. 3. Die Eiszeiten bringen viele Veränderungen mit sich und können auch hilfreich sein für die Ausbreitung gewisser Pflanzen, da die Gletscher das Land "glätten" und so Moorlandschaften entstehen können wo vorher beispielsweise Wald war. Ich weiss die definitive Antwort nicht zu deiner Frage, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Drosera Arten schon vorher in Deutschland heimisch waren, Feuchtgebiete gibt es ja nicht nur seit der Eiszeit und Drosera ist eine ältere Gattung als beispielsweise Pinguicula. 4. Drosera anglica ist sicher die jüngste, welche die älteste ist (wir reden ja von den einheimischen), weiss ich nicht. 5. Drosera anglica ist sehr wahrscheinlich eine Art, die aus der Hybridisierung aus Drosera rotundifolia und Drosera linearis ausgeht. 6. Drosera x obovata, dieser Hybrid ist steril und vermehrt sich vegetativ. 7. Ja, Drosera rotundifolia und Drosera intermedia haben zum Beispiel eine Chromosomenzahl von 2n=20, während Drosera anglica 2n=40 hat (was die Hybridtheorie bekräftigt). 8. Das weiss ich nicht, während generell angenommen wird, dass die Gattung Drosera entweder in Australien oder Afrika seinen Urpsrung hat, weiss ich nicht wo genau diese Arten ihren Ursprung haben, vom Süden her ist sicher richtig. 9. In der Reihenfolge: D. rotundifolia, D. anglica, D. intermedia. Dies trifft auch weltweit zu. 10. Drosera longifolia ist ein Synonym von Drosera anglica, richtig. Drosera x anglica ist der Hybrid zwischen Drosera rotundifolia und Drosera linearis und ist steril. Drosera anglica ist, wenn man so will, eine fertile Form dieses Hybriden, wahrscheinlich dank der Polyploidität. Was man als Art bezeichnet und was nicht ist oft Geschmacksache. Die Wissenschaft versucht klare Strukturen zu schaffen, indem sie eine Art definiert, als eine Spezies, die sich nicht mit einer anderen Spezies fortpflanzt. Tatsächlich gibt es aber Arten die durchaus als Arten gehandhabt werden, obwohl sie strenggenommen nicht in dieses Schema reinpassen, beispielsweise sind alle Sarracenia Arten untereinander kreuzbar, dessen Hybriden sind sogar fertil, werden dennoch als verschiedene Arten gehandhabt und nicht als eine. Manche einheimische Utricularia Arten sind mit grosser Wahrscheinlichkeit hybridogenen Ursprungs, weshalb sie steril sind und missgebildetes Pollen haben, vermehren sich also nur vegetativ, werden aber dennoch als Arten bezeichnet und nicht als Hybriden. Es gibt einfach nicht klare Arten wie wir uns das vorstellen, dieses ganze Evolutions-Model ist einfach von uns Menschen erschaffen worden, damit wir es leichter nachvollziehen können. Aber flüssige Übergänge existieren tatsächlich. Link to comment Share on other sites More sharing options...
jusch Posted July 24, 2010 Share Posted July 24, 2010 möchte die Experten hier mal einiges zum Sonnentau in Deutschland fragen. 1.) Es gibt doch 3 Arten in Deutschland richtig? Intermedia, Rotundifolia und Anglica. Ja. 2.) Welches ist der "echte Deutsche" Sonnentau? Die Arten sind alle "echt", keine Fälschungen darunter. Die Staatsangehörigkeit "Deutsch" führt allerdings keine der drei Sonnentauarten im Namen (oder im Personalausweis). Die am wenigsten deutsche Sonnentauart vom Namen her ist Drosera anglica, denn das bedeutet übersetzt "Englischer Sonnentau". 3.) Gibt es Untersuchungen wie lange eine Art schon in Deutschland heimisch ist? Hm, also die Arten sind in dem Gebiet, das heute Deutschland umfaßt, auf jeden Fall um ein Vielfaches länger heimisch, als es Deutschland überhaupt gibt. Das bedeutet: Seit es ein Staatsgebiet namens Deutschland gibt, gibt es dort diese drei Sonnentauarten, vom ersten Tag an. Die Arten sind sogar älter als die Staaten, die es vor der Gründung Deutschlands gab, z.B. die Königreiche Bayern, Hannover, Preussen und so weiter und deren Vorgänger ebenfalls. 4.) Welche Art ist also die Älteste? Die Sonnentauarten dürften sich aus einem gemeinsamen Vorfahren heraus entwickelt haben, wobei sich die Entwicklungslinie irgendwann in verschiedene Arten aufgespalten hat und die Entstehung von D. anglica etwas eigen (s.u.) verlaufen sein dürfte. 5.) Ist Dro. Anglica ein Hybrid aus Rotundifolia und Longifolia (oder so)? Also keine eigenständige Art? Sind also nur Intermedia und Rotundifolia "echt Deutsch"? D. longifolia ist ein Synonym von D. anglica, also dasselbe. Keine der drei Arten kommt nur in Deutschland vor, sondern alle drei fast auf der gesamten nördlichen Hemisphäre. Wie soll eine Art, die in Schweden und in Italien, in Frankreich und in Russland vorkommt, "echt Deutsch" sein? 6.) Gibt es Hybride zwischen den Beiden? Und können sie sich Fotpflanzen? Es gibt Hybriden zwischen den Arten, die Hybriden sind steril, können sich nur vegetativ vermehren, z.B. aus abgebrochenen Blättern heraus oder über Teilung der Hibernakel. 9.) Welche Art gibt es öfter, Intermedia, Rotundifolia oder Anglica in Deutschland? D. rotundifolia dürfte bei weitem am häufigsten vorkommen. 10.) Nachfrage zu Dr. Anglica. Kann es sein, dass dieser auch "Longifolia" genannt wird? Das verwirrt mich ein wenig. Ja, D. longifolia ist der veraltete Name von D. anglica, der nicht mehr verwendet werden sollte. Im Prinzip ist es ein Synonym. Und wenn Anglica tatsächlich ein Hybrid sein sollte aus Rotundifolia und Longifolia z.b., wie kann sich dieser dann forpflanzen? Ich habe in Erinnerung, dass die Mendelschen Gesetzte das verbieten. D. anglica ist kein Hybrid, sondern eine Art. D. anglica ist der neuere Name für das veraltete D. longifolia, also dasselbe. Bei der Entstehung dieser Art vermutet man allerdings, daß sie hybriden Ursprungs ist. Stichwort "Polyploidisierung", siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Polyploidie Neben Mendel gibt es in der Fortpflanzungsbiologie auch noch weitere Erkenntnisse. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Drosera_Deutschland Posted July 24, 2010 Author Share Posted July 24, 2010 Danke für die schlüssigen Antworten ;-). Da ihr meine Fragen so toll beantwortet habt möchte ich noch ein paar Fragen an euch richten. - Bevorzugen die (im deutschen Raum vorkommenden) Droseras einen speziellen PH Wert damit sie sich am wohlsten fühlen? Hat jmd Erfahrungen bzw. eine genaue Zahl? - Ich habe gelesen, dass D. Anglica auch kalkhaltiges Wasser verträgt. Interessant. Ist das die einzige Carnivore die das "kann"? Und bedeutet, dass, das ich D. Anglica auch in der Erde meines Gartenteiches pflanzen kann? Würde sie das überleben? Sehr freundliche Grüße ^^ Link to comment Share on other sites More sharing options...
Kevin Tonnerre Posted July 24, 2010 Share Posted July 24, 2010 Andreas, Mag ja sein, dass D. anglica Bestände zurückgehen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie seltener geworden ist als D. intermedia. D. intermedia steht gerne sehr nass und besiedelt praktisch nur offene Stellen, während D. anglica durchaus etwas Begleitvergetation verträgt und eher robust ist, wie du schon sagtest. Viele Samen produzieren ist also nicht zwangsläufig mit mehr Erfolg verknüpft, wenn im direkten Vergleich trotzdem weniger Pflanzen durchkommen. Dazu kommt, dass sie andere Bereiche besiedeln kann, die für D. intermedia ungeeignet sind, z.B. Kalkflachmoore. Aber ich kenne die Situation in Deutschland nicht sehr genau, in der Schweiz ist D. anglica jedoch weitaus häufiger als D. intermedia. Wenn du lesenswerte Artikel hast, bin ich dankbar. Namenloser Drosera Fan aus Deutschland, Das mit dem PH-Wert wird meiner Meinung nach etwas überbewertet. Ungedüngter Hochmoortorf wird da schon die richtigen Kultur-Ergebnisse einbringen. Drosera anglica ist bei weitem nicht die einzige Art die Kalk verträgt, viele Pinguicula wachsen beispielsweise auf Kalkfelsen. Doch ist sie in der Gattung Drosera vielleicht eine der wenigen Ausnahmen. Die Tatsache, dass sie Kalk verträgt liegt wahrscheinlich an Drosera linearis (Elternpflanze), die ebenfalls Kalk verträgt. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Daniel Heinze Posted July 24, 2010 Share Posted July 24, 2010 Hallo zusammen, Drosera longifolia (=anglica, Erklärung unten) ist in der Tat hier im Norden sehr stark auf dem Rückzug. Ich kenne hier oben nur zwei Moore, wo noch wenige Pflanzen heimisch sind. Vermutlich liegt das an einem sinkenden Wasserstand, durch Hitze und fehlenden "echten" Winter. Über den Daumen sagt man ja, je niedriger die Pflanze, desto niedriger der Wasserstand, also steht rotundifolia im Moor immer höher über dem Wasserspiegel, wogegen longifolia auch eine Überflutung verträgt. Hier noch ein link zu einem äußerst interessanten Beitrag von Andreas (nach untern scrollen): http://forum.carnivoren.org/index.php?/topic/20179-dlongifolia/page__p__48812__hl__longifolia__fromsearch__1#entry48812 Link to comment Share on other sites More sharing options...
Daniel Heinze Posted July 25, 2010 Share Posted July 25, 2010 Hallo Andreas, ich habe mit Absicht das Wort "Klimawandel" nicht benutzt, das ist mir viel zu plump und nur Opium fürs Volk. In den letzten Wintern hier im Norden war aber ein so häufiger Wechsel zwischen Frost und Auftauen, die wohl den Pflanzen nicht soo gut bekommt. Ein kontinuierliches Einfrieren der Pflanzen, wie er im Süden gegeben ist, wirkt sich bestimmt besser auf die Pflanzen aus als ein ständiger Wechsel. Gerade der letzte Winter war sicherlich in der Hinsicht sehr extrem, die Sarracenien blühten erst um den 15. Juni. In den Mooren erschien der Sonnentau auch erst um den 10. Juni, was sicherlich auf das gute Wachstum des Sphagnums durch den vielen Schnee zurückzuführen ist. Natürlich ist auch die Extrementwässerung an dieser Misere schuld. Ich habe in der Bibliothek ein Karte von unserem Landkreis (Rotenburg/Wümme, Westrand Lüneburger Heide) erstanden, die ist von 1965. Auf dieser Karte ist so viel Moor und Wasser zu sehen, das sie fast durchgängig blau erscheint. Wenn man das mit dem heutigen Stand vergleicht ist der Unterschied wohl deutlicher als der zwischen Tag und Nacht. Ich bin mal einige Stellen abgefahren, hauptsächlich alte Torfstiche und.... nichts, aber auch gar nichts, aber der Mais nebenan wächst gut :thumbsd: . Altere Leute erzählten mir, das das Lungenkraut (rotundifolia) bei ihnen früher hinter dem Haus gewachsen ist. Allerdings ist der rundblättrige Sonnentau hier im Norden wieder auf dem Vormarsch. Jemand vom NABU erzählte mir kürzlich, das dieser Pflanzenbestand sich bei dieser Art deutlich erholt hat, sodaß er in der Gefährdungsskala einen Schritt in die positive Richtung machen kann. Ich glaube das unterstreicht die These mit mehr Samen. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Drosera_Deutschland Posted July 25, 2010 Author Share Posted July 25, 2010 Danke euch für die Antworten/Kommentare! Über weitere Kommentare über den Sonnentau in Deutschland würde ich mich sehr freuen. Wie z.b. Erfahrungsberichte mit einem Gartenteich. Denn bisher habe ich nur über Moorbeete gelesen. Wenn es jmd hinbekommen hat Droseras am Gartenteich zu kultivieren würde mich das sehr interessieren. Was anderes. Wenn jmd weisst wo man im Raum Ibbenbüren (im Norden von NRW, zwischen Rheine und Osnabrück) Drosera in der freien Natur sehen kann kann das gerne mir mitteilen. Denn Droseras am Naturstandort zu sehen wäre schon was besonderes für mich. Fotos ansehen, im Baumarkt schauen oder bei Ebay kaufen kann ja jeder... ;-). Mfg! :-) Link to comment Share on other sites More sharing options...
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