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Karnivoren in Zürich


Kevin Tonnerre

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Kevin Tonnerre

Einige von euch kennen vielleicht diesen Thread im CPUK-Forum wo ich einige Standortfotos der hier vorkommenden Karnivoren hochgeladen habe. Ich dachte, da nicht alle das CPUK-Forum verfolgen, ich könnte hier das gleiche machen. Damit es aber nicht all zu langweilig wird für diejenigen die eben doch das CPUK-Forum verfolgen, werde ich andere Bilder reinstellen. Das soll also keine copy/paste-Aktion sein.

Ich fange an mit einem Quellhang an einem Waldstück in Stadt Zürich, hier kommen Drosera anglica, Pinguicula alpina und Pinguicula vulgaris vor. Das Substrat besteht aus kalkhaltigem Gestein, auch das aus dem Hang hervortretende Wasser ist kalkhaltig, was für Pinguicula zwar kein ungewöhnlicher Standort ist, die meisten von euch sind sich jedoch sowas wahrscheinlich nicht gewohnt von einer Sonnentau-Art. Da Drosera anglica aller Wahrscheinlichkeit nach aus einer Hybride zwischen Drosera rotundifolia und Drosera linearis entstanden ist, und mit Drosera linearis ein Elternteil hat das alkalische Böden besiedelt, ist es naheliegend, dass sie auch solche Habitate besiedeln kann. Das Substrat hat praktisch keine Humusschicht und die Pflanzen kommen an den feuchtesten Stellen vor.

Drosera anglica, man beachte das Substrat

anglica.jpg

Übersicht des Quellhangs

standort1.jpg

Ein weiterer Standort ist der mir bisher grösster bekannte Pinguicula vulgaris Standort in Zürich, hier wachsen tausende Pflanzen in einem Flachmoor. Dieser mag zwar aus kalkhaltigem Wasser gespiesen zu sein, doch das Substrat ist deutlich humusreicher. Die Fettkräuter erreichen hier mit der Blüte fast die doppelte Grösse derjenigen aus dem oben genannten Quellhang.

Übersicht des Flachmoors, der hintere Bereich ist voller Schilf

standort2.jpg

Dieses Flachmoor befindet sich doch schon auf etwa 800 M.ü.M. Erstaunlich ist, dass es im Schilfbereich ein kleines Wasserloch gibt indem grosse Wasserschläuche vorkommen. Leider habe ich diese noch nie blühen sehen, dieses Schilf sorgt auch für ein ziemlich geschlossenes Umfeld. Das eher alkalische Wasser würde zwar für Utricularia vulgaris sprechen, da diese Spezies jedoch hier sehr selten ist (nur ein gesicherter Standort), wird es wahrscheinlich Utricularia australis sein.

Kleiner Tümpel mit Phragmites und Utricularia

mg3133w.jpg

Der dritte Standort gehört nur Pinguicula vulgaris allein, ebenfalls ein Quellhang. Die Population ist auch gross und gesund, was dann in der Blütezeit auch wirklich ein schöner Anblick ist. Es ist kaum möglich ein scharfes Foto zu machen mit dem Wind un dem hohen Gras. Doch die Blüten erkennt man.

mg3259.jpg

Ganze Pflanze

mg3225.jpg

Die Population scheint gesund zu sein, hier ein Bild heranreifender Samenkapseln

mg3202.jpg

Wer öfter Standorte besucht kennt das vielleicht, manche Blüten der Fettkräuter sind angefressen. Ehrlich gesagt weiss ich nicht welches Tier dafür verantwortlich ist. Wer das genauer weiss... mich würde das interessieren! Denn ich kenne einen Pinguicula alpina Standort, wo ich trotz langem Suchens lediglich 3 Exemplare gefunden habe, dessen Blüten alle angefressen wurden. Ich denke die "Population" wird bald erloschen sein.

mg3217p.jpg

Ich hoffe man sieht es einigermassen: Ich habe eine Krabbenspinne (Misumena vatia) auf der Blüte entdeckt, die wohl gerade auf der Jagd war. Leider schien die Sonne sehr stark, die fast weisse Spinne und die Kronblätter haben als Folge stark reflektiert, weshalb das Bild überbelichtet wurde.

mg3240a.jpg

Ähnliches habe ich am nächsten Standort auch entdeckt:

Eine Krabbenspinne hat erfolgreich den natürlichen Bestäuber von Pinguicula alpina gefangen, nämlich die Schwebfliege. Mit der gelben Färbung gehört Pinguicula alpina zur typischen Anlockblüte.

mg3186.jpg

Vielleicht erhält jemand aufgrund meiner Bilder den Eindruck, dass Zürich ein naturnahes Paradies darstellt. Doch auch hier macht sich die wachsende Bevölkerung bemerkbar, die Habitate werden zunehmend kleiner durch den Druck und so sind die meisten Vorkommen nur auf isolierten Standorten. Hier stehe ich übrigens genau neben einer Pinguicula alpina und blicke auf Zürich

mg3165.jpg

Dieser Standort gefiel mir übrigens sehr gut. Die hier relativ zerstreute Population entlang der Rieselfluren besteht zwar aus weniger Exemplaren als im oben genannten Quellmoor, aber die Pinguicula alpina die hier vorkommen sind deutlich grösser und vigoröser, kaum eine Pflanze hatte weniger als 7 Blütenstängel.

Man sieht übrigens auf diesem Bild die gelben Flecken, die Anzahl (1-3) und Grösse der Flecken ist vom Blütezeitpunkt abhängig und kann bei der selben Pflanze variieren.

mg3163.jpg

Ich hoffe ihr könnt über einige unscharfe Fotos hinwegsehen. Ich wollte aber nicht nur Pflanzenfotos reinstellen, sondern auch bisschen was darüber erzählen, da mir nach dem Lesen einiger Beiträge aus den Standortfotos aus Deutschland der Eindruck entstand, euch wären solche Habitate nicht bekannt oder nur das Wort "Hochmoor" als Habitat ein Begriff. Ich habe darum auch etwas Mühe zu glauben, dass die Pflanzen so rar sind in Deutschland...

Vielleicht folgen noch mehr Fotos. Die einheimischen Sonnentau-Arten und Wasserschläuche sind da noch etwas untervertreten. Schade war ich eigentlich nicht letztes Jahr im Frühling mit der Kamera unterwegs, denn ich habe aufgrund der langen Hitze so viele Utricularia-Blüten gesehen wie noch nie! Aber mehr Pflanzenfotos findet man auch in meinem Beitrag im CPUK-Forum.

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Hallo Kevin,

ein sehr interessanter Bericht und schöne Fotos.

Ich bin immer wieder überrascht in welchen Substraten Karnivoren in freier Wildbahn aufzufinden sind.

Wenn ich so etwas immer sehe, könnte ich weinen, da ich noch nie Karnivoren in der Natur gesehen habe und das wo sich ein Hochmoor mit Karnivoren nur 10 km von meinem Wohnort befindet.

Schöne Grüße

Andy

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Hey Kevin,

Ich muss Andy recht geben - cooler Bericht!

Leider habe ich auch noch keine Karnis in freier Wildbahn gesichtet - obwohl Stadtteile von Ludwigshafen ehemaliges Moorgebiet war (z. B Maudach)! Jedenfalls wurden einige Moore wiedervernässt und unter Schutz gestellt, in den Sommerferien werde ich mich mal genau umsehen.

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Leider habe ich auch noch keine Karnis in freier Wildbahn gesichtet - obwohl Stadtteile von Ludwigshafen ehemaliges Moorgebiet war (z. B Maudach)! Jedenfalls wurden einige Moore wiedervernässt und unter Schutz gestellt, in den Sommerferien werde ich mich mal genau umsehen.

In solchen Gebieten habe ich bisher schon öfters Pinguiculas gesehen. Meist an Wegrändern die etwas steiler waren und sehr feucht bis nass ausgesehen haben.

Und es ist immer ein super Erfolgserlebnis, wenn man über solch interessante Pflanzen stolpert ^^

Grüsse

Matthias

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Karnivoren in der Natur zu finden ist wirklich etwas tolles! Wenn ich so an meine Freudensprünge denke :D

Dass Drosera auf Sand wachsen ist für mich nichts Neues. Die ersten Karnivoren, die ich am Naturstandort gesehen habe, waren Drosera rotundifolia.

Sie wuchsen auch als auf reinem Quarzsand. Eine Pionierpflanze eben. Hin und wieder mal ein Moos, aber sonst nur die rot gefärbten Pflanzen auf dem weißem(grauen) Sand.

Sah schon schön aus. :wub: Leider hatte ich keine Kamera dabei. :sad:

Drosera anglica würde ich auch gerne mal am Naturstandort sehn. Sind schon echt schöne Pflänzchen.

Da fällt mir ein: Die Mooslohe in Weiden ist auch ein Moorgebiet. Wird mal Zeit, dass ich dort mal wieder suche. Beim letzten Mal hab ich nämlich leider keine Karnivoren gefunden.

Schöne Grüße, Andre!

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Hoi Kevin

Echt schön deine Bilder. Muß gestehen, ich hätte Karnivoren an diesem Standort nicht unbedingt erwartet- war auch schon oft dort in der Gegend unterwegs und habe nie welche entdeckt, da sollte ich in Zukunft wohl etwas genauer hinsehen :-)

Merci dir für die interessanten Einblicke, was man da praktisch vor der Haustür alles finden kann.

LG Janine

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Kevin Tonnerre

In der Schweiz gibt es mehrere Sarracenia purpurea Standorte, in Zürich ist eines davon. Ich habe heute zum dritten Mal diesen Standort Besucht und mir ist aufgefallen, dass mehrere kleine Teiche künstlich geschaffen wurden. Was mich allerdings nicht so wundert, denn die Schilfbestände sorgen doch für eine starke und schnelle Verlandung, aber gut zu wissen, dass dieses Gebiet wenigstens gepflegt wird.

Im vorderen Bereich ein solcher Teich. Im rechten Uferbereich haben sich kaum Pflanzen angesiedelt, was man auf diesem Bild allerdings nicht sieht. Wie man allerdings am Wasser erkennt, hat es am heutigen Tag geregnet, weshalb die Bilder wegen den Wolken etwas verwackelt sind. Drosera anglica kommt in der Schilfrandzone vor, also an sehr feuchten Stellen, während Drosera rotundifolia eher die offeneren Stellen besiedelt, meist direkt auf Sphagnum.

mg3340.jpg

Obwohl mir Ruedi Fürst versicherte, dass hier Drosera x obovata vorkommen, habe ich trotz langem Suchens keine Hybriden gefunden (und ich sagte ja bereits, ich war heute zum dritten Mal dort). Eigentlich verwunderlich, die Elternpflanzen kommen im Abstand von etwa 2-3m vor. Vielleicht handelt es sich aber nur um eine Verwechslung seinerseits, die ersten paar Blätter nach der Winterruhe können nämlich durchaus rundlicher und daher wie D. x obovata daherkommen.

Hier aber D. anglica,

mg33292.jpg

Was man im obersten Bild dieses Standorts nicht so gut erkennt, ist dass die offenen Flächen ebenfalls sehr nass und sogar unter Wasser standen. Es ist nicht möglich trockene Hosen zu bewahren und oftmals federt der Boden etwas ab, wie wenn man auf einem Wasserbett laufen würde. Der Wasserspiegel kann jedoch bei längerer Trockenzeit wieder so tief sinken, dass die Wasserschläuche fast "terrestrisch" wachsen. Solche Verhältnisse sind sich U. bremii und U. minor gewöhnt und sie mögen es genau dann zur Blüte zu kommen. Man findet jedoch gerade wenn es etwas wärmer war Blüten dieser Pflanzen. So verwundert es nicht, dass hier auch U. bremii vorkommt, der schwer von U. minor zu unterscheiden ist. Hier aber gut zu erkennen an dem stumpfen Sporn (bei U. minor noch stumpfer, fast inexistent), die Unterlippe ist auch rundlicher.

mg33322.jpg

Etwas weiter weg, aber im gleichen Moor befinden sich die Schlauchpflanzen. Früher war hier noch ein Absperrband, was darauf hindeutet, dass die Pflanzen nicht nur geduldet, sondern auch geschützt werden, obwohl sie hier nicht heimisch sind und eine Gefahr für die heimische Flora darstellen könnten. Die Pflanzen verbreiten sich sogar ziemlich gut, was etwas erstaunt, denn die Bestände in Nordamerika gehen zurück.

Was mich jedoch dieses Jahr überrascht hat, war die Gefrässigkeit eines Tiers, vermutlich Schnecke, vielleicht auch Raupe. Denn alle Pflanzen waren angefressen, nur die jüngsten Schläuche waren meist unberührt. Das ist ein neueres Phänomen das ich bei meinen früheren Besuchen nicht in diesem Masse feststellen konnte.

mg3301.jpg

Die Pflanzen kommen jedoch meist zur Blüte. Als Farbenblinder muss ich darauf hinweisen, dass der Name purpurea von der Blütenfarbe kommt.

mg3303.jpg

Diese Blüten sorgen auch für den Nachwuchs. Hier Jungpflanzen und Drosera rotundifolia.

mg33112.jpg

Eine Stelle war etwas tiefer und mir scheint, hier hätte jemand wohl grosszügig eine Pflanze ausgegraben.

mg3312q.jpg

Mir ist nicht bekannt wer solche künstlichen Standorte erschafft, dies ist ja nicht der einzige Sarracenia purpurea Standort in der Schweiz. Auch sollen anderswo Pinguicula hirtiflora und P. poldinii angesalbt worden sein. Durchaus spektakulär zum Anschauen, aber ich finde trotzdem, dass man sowas lassen sollte.

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  • 4 Jahre später...

Hallo Kevin

wo genau liegt dieser Standort ?

ich wohne nämlich in Zürich und möchte gerne einmal ein paar Pinguiculas sehen.

viele grüsse 

Tom

Bearbeitet von Toemlintom
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Hallo Tom

vor 13 Stunden schrieb Toemlintom:

wo genau liegt dieser Standort ?

solche Details werden aus Schutzgründen nicht öffentlich gestellt. Es gibt leider immer noch genug, die Naturstandorte plündern, weshalb wir hier auf explizite Nennungen von Standorten verzichten. 

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  • 1 Monat später...

Hi Tom,
es gibt viele Standorte in Zürich, einige sind absolut ungefährdet, andere haben nur eine Handvoll Pflanzen. Ich bin jährlich im Frühjahr mit der Kamera unterwegs um den aktuellen Status der mir bekannten Populationen zu überprüfen und neue zu entdecken. Das jeweils auch gerne mit Begleitung, wenn sichs arrangieren lässt. Aber ich will solche Standorte nicht öffentlich bekannt machen, denn wie Sandra schon geschrieben hat, gibt es Menschen, die nicht sehr vorsichtig mit der Natur umgehen. Und ich kenne dich nicht.

Dieser Thread ist sowieso nicht mehr so aktuell, ich schau mal ob ich dieses Jahr einen umfangreicheren Thread erstellen kann, oder erweitere diesen entsprechend.

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