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Südamerikanische Zwergdrosera!


Andreas Fleischmann

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Andreas Fleischmann

Hallo Drosera-Freunde,

Viele von euch wussten es sicher schon durch Vorankündigungen von Fernando Rivadavia (oder von mir) seit ein paar Jahren: Drosera meristocaulis ist nicht mit den anderen südamerikanischen Drosera-Arten verwandt, sondern gehört zur Gruppe der australischen Drosera, in die Verwandtschaft der Zwergdroseras (Sektion Bryastrum). Wer die Art kultiviert, sieht auch sicher, warum...

Sie macht zwar keine Brutschuppen, wie die "echten" Pygmies, aber stimmt ansonsten in wirklich allen Merkmalen mit dieser Gruppe überein.

Nun haben wir neben morphologischen (übereinstimmende Blütenmorphologie, Stipel-Merkmale), palynologischen (identischer Pollentyp), cytologischen (Chromosomendaten zeigen, dass D. meristocaulis weder zu der diploiden, noch der tertaploiden Verwandschaftsgruppe der Südamerikaner gehört - das sind neben D. sessilifolia- die anderen beiden der vier Entwicklungslinien südamerikanischer Droseras), und entwicklungsbiologischen (Keimlingstyp) Beweisen auch das Ergebniss molekulargenetischer Untersuchungen, die allesamt eindeutig zeigen, dass D. meristocaulis australischen Ursprungs ist. Und zwar nicht eine alte Ahnenlinie, die entstanden sein muss, als die Kontinente Australien und Südamerika noch als Südkontinent Gondwana verbunden waren (wie etwa die Beuteltiere), sondern viel jünger, als Australien bereits lange von Südamerika getrennt war. Irgendwie hat es ein Vorläufer oder Mitglied der Zwergdroseras von Australien nach Südamerika geschafft - auf einen 3000 m hohen Berg, isoliert mitten im Amazonsregenwald! Wie genau diese Fernverbreitung (long-distance dispersal) geschehen ist, bleibt immer spekulativ, denn diese seltenen und zufälligen Ereignisse lassen sich nicht rekonstruieren. Es kann ein Wirbelstum gewesen sein, der Samen mit sich trug, ein Vogel (im Wirbelsturm?), der Samen mitbrachte, etc.... Auf jeden Fall muss es eine schnelle Ausbreitung über weite Distanz gewesen sein, und nicht eine langsame Wanderung über Inseln ("stepping stones") entlang des antarktischen Festlandes - zumindest das lässt sich aus den Stammbaumanalysen errechnen.

Nachzulesen in: F. Rivadavia, V. F. O. de Miranda, G. Hoogenstrijd, F. Pinheiro, G. Heubl, & A. Fleischmann, 2012. "Is Drosera meristocaulis a pygmy sundew? Evidence of a long-distance dispersal between Western Australia and northern South America" Annals of Botany (online publication, Druckversion folgt noch) doi:10.1093/aob/mcs096.

Ein PDF der Arbeit (auf Englisch) kann ich gerne an Interessierte schicken (bitte keine PM, sondern e-Mail an: fleischmann[at]lrz.uni-muenchen.de)

Damit hält übrigens eine Karnivore den "Rekord" einer der rätselhaftesten Fernverbreitungen die im Pflanzenreich bekannt sind (Westaustralien - Mt. Neblina)! ;)

Schöne Grüße,

Andreas

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Hi Andreas,

danke für diesen wirklich sensationellen Bericht! Ich finde das Thema sehr spannend, auch oder gerade weil ich kein Biologe bin...

Daher auch meine vielleicht naiven Fragen:

a) Ist D.meristocaulis eigentlich selbststeril? Wäre ja möglich, wenn man davon ausgeht, dass nur ein einzelnes Samenkorn / eine Brutschuppe im Anfang nach Südamerika transporitiert wurde?

B) kann man aufgrund genetischer Untersuchungen auch 'Ähnlichkeitsstatistiken' mit rezenten Formvarianten / Subgruppen der australischen Zwerge aufstellen (also ob sie eher D.scorpioides oder rosettenförmige Vorfahren hat?)

c) kann man eingrenzen, wann die Drift passiert sein muss? .. Ach, ich glaub ich schick Dir nochmal meine Mailadresse :-)...

viele Grüße Feldi

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Was mir grad einfällt (nach Andreas Anmerkung): Wie steht es eigentlich mit DROSERA SOLARIS?? Die schaut für mich als Laien ja auch ein wenig wie ein Vertreter eines imaginären "D.meristocaulis-Komplexes" von südamerikanischen Zwergdrosera-Nachfahren aus! Gibt es schon genetische Einordungen von D.solaris???

Neugierige Grüsse

EDIT: War quatsch, bei Wikipedia steht ja schon, dass es eine normale südamerikanische Art ist...hab grad nachgesehen...

Feldi

Bearbeitet von Feldenberg
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Wahnsinn!

Was kommt als nächstes? Gehört S.purpurea vielleicht zur Gattung Heliamphora und ist damit die erste winterharte Art der Gattung? ;)

Nein, Spaß beiseite. Es ist wirklich immer wieder interessant solche Storys zulesen! Ich fand schon faszinierend, wie Aldrovanda über Vögel zwischen den immer rarer werdenden geeigneten Wasserflächen verteilt wird, aber das ist ja gar nichts gegen Drosera meristocaulis!

Kann man genetisch etwas dazu sagen, ob es dort viele genetisch unterschiedliche Klone gibt? Ich meine mal gelesen zuhaben, dass etwa bei D.prolifera an einigen Standorten nur der gleiche Klon ist (hoffe ich verwechsel das jetzt nicht). Falls es ein Vogel war, werden es ja keine hunderte Samen sein (selbst bei der kleinen Samengröße von Drosera ;) ). Wobei ich bis heute ehrlich gesagt nicht verstanden habe, ob die Samen die bei einer Selbstbestäubung entstehen 100% genetisch identisch sind zur Mutterpflanze... Rein logisch würde ich sagen ja (wo soll die Veränderung herkommen, ohne fremde Pollen?), andererseits hat man bei Dionaea (die sich ja auch ohne Probleme mit eigenem Pollen bestäuben lässt) ja oft den Eindruck, dass man die Pflanzen aus diesen Samen (die nicht fremdbestäubt sind!!!) nicht nach dem Kultivarnamen der Mutterpflanze benennen darf.

Viele Grüße,

Jan

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Wobei ich bis heute ehrlich gesagt nicht verstanden habe, ob die Samen die bei einer Selbstbestäubung entstehen 100% genetisch identisch sind zur Mutterpflanze... Rein logisch würde ich sagen ja (wo soll die Veränderung herkommen, ohne fremde Pollen?), andererseits hat man bei Dionaea (die sich ja auch ohne Probleme mit eigenem Pollen bestäuben lässt) ja oft den Eindruck, dass man die Pflanzen aus diesen Samen (die nicht fremdbestäubt sind!!!) nicht nach dem Kultivarnamen der Mutterpflanze benennen darf.

Die Pflanze heterozygot ist (Also von beiden Elternteile unterschiedliche Allele, sprich unterschiedliche Varianten des selben DNA-Abschnitts bekommen haben), ist es möglich, dass bei einer Selbstbefruchtung verschiedene "Kinder" entstehen. Ausserdem düfen der Einfluss der Umwelt und der Epigenetik nicht unterschätzt werden.

Schöne Grüsse

Matthias

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