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Drosera villosa Komplex überarbeitet


Andreas Fleischmann

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Andreas Fleischmann

Hallo Drosera-Freunde,

 

Das Jahr 2014 beginnt gleich mit einem recht langen Artikel zum Drosera-villosa-Komplex aus Brasilien, der nun sechs Arten umfasst:

 

Paulo Minatel Gonella, Fernando Rivadavia, Paulo Takeo Sano, und Andreas Fleischmann (2014): „Exhuming Saint-Hilaire: revision of the Drosera villosa complex (Droseraceae) supports 200 year-old neglected species concepts.“

Erschienen ist der Artikel am 3. Januar 2014 in der Zeitschrift Phytotaxa, Ausgabe 156.

Leider ist der Artikel (noch) nicht frei zugänglich, aber bei Interesse kann ich ihn gerne zuschicken (bitte einfach eine e-Mail an mich schicken: fleischmann ät bio.lmu.de).

 

Das Wichtigste (für Kanrivorenkultivateure) in Kürze:

 

Es bedarf schon wieder einer Namensänderung auf unseren Etiketten (daran ist aber alleine Fernando schuld, der ein und dieselbe Pflanze früher mal als „D. villosa“ in Kultur eingeführt hat, dann aber kürzlich feststellen musste, dass die echte D. villosa etwas ganz anderes ist, und daher annahm, dass es sich bei der weit verbreiteten Pflanze (in Natur und Kultur) dann eben um Saint-Hilaires 200 Jahre alte D. ascendens handeln müsste. Aber auch das hat sich als falsch herausgestellt, denn D. ascendens ist, wie sich herausstellte, eine andere, und eine sehr seltene Pflanze (in Natur auf wenige Standorte auf der Diamantina-Hochfläche in Minas Gerais beschränkt, in Kultur in Europa bisher noch gar nicht zu finden). Der korrekte Name für das, was früher als „D. villosa“ in Kultur war, und nun als „D. ascendens“ von uns allen kultiviert wird, muss Drosera latifolia heißen.

 

 

Drosera latifolia („der breitblättrige Sonnentau“) ist die am weitesten verbreitete Art des D. villosa-Komplexes (kommt in den Bundesstaaten Minas Gerais, São Paulo, Rio de Janeiro, Espírito Santo, Paraná und Santa Catarina, und dementsprechend auch die häufigste und variabelste Art der Gruppe in Kultur. Das sind alle Pflanzen, die bisher als „D. ascendens“ bezeichnet wurden.

 

 

 

Dlatifolia_Dia01.jpg

 

Dlatifolia_Diam02.jpg

 

Drosera latifolia am Naturstandort auf dem Diamantina Plateau, Minas Gerais. Die Pflanzen wachsen dort in dichten Kolonien in Sickerfluren auf Sandstein.

 

 

 

Dlatifolia_CdM01.jpg

 

Standort von Drosera latifolia (rote Flecken in der Bildmitte) im Gebiet des Küstenregenwaldes von São Paulo, Caminho do Mar. Die Pflanzen wachsen an Wegrändern in feuchtem, lehmig-sandigem Substrat in Feuchtwiesen.

 

Dlatifolia_CdM02.jpg

 

 

 

Dlatifolia_Paranap.jpg

 

Drosera latifolia in Paranapiacaba, São Paulo, zwischen Bärlappen (Lycopodium sp.) und Ochnaceae. Auch hier wuchsen die Pflanzen auf feuchten Lichtungen und an Straßenrändern im kühlen Küstenregenwald.

 

 

 

Diese Art ist weit verbeitet, und kommt in den verschiedensten Habitaten vor – und sie ist sehr leicht und häufig in Kultur, bisher eben fälschlicherweise als „D. ascendens“. Also am besten einfach den Namen „D. ascendens“ auf allen Schildern, Etiketten und in allen Growlists durch D. latifolia ersetzen, dann stimmt wieder alles. Und es kommt zu keiner Verwirrung mit der echten D. ascendens.

 

Drosera villosa („der wollig-behaarte Sonnentau“) hingegen ist auf wenige Gipfel im  beschränkt. Es sind deutlich größere Pflanzen als D. latifolia, die Blätter sind viel dünner und länger, und die Pflanzen bilden im Alter deutliche Stämmchen aus. In Kultur sind echte D. villosa von den beiden einzigen bekannten Standorten Serra do Ibitipoca und Serra Negra zu finden (beide liegen sehr nahe beieinander).

 

Drosera ascendens („der aufsteigende Sonnentau“ – gemeint ist der Blütenstiel) ist eine beeindruckende Pflanze, mit kräftigen, aufsteigenden knallroten Blütenstielen und recht großen Blüten. Die Blütenstiele sind dicht mit sehr großen, kräftig roten, nicht-karnivoren Drüsen besetzt – ein bisschen sieht das aus wie die Blütenstiele von D. hirtella – nur dass diese (nicht-verwandte) Art keine Drüsen, sondern einfache Haare am Blütenstiel trägt. In Kultur ist diese Art (in Europa) leider noch nicht (offiziell;)), im Internet finden sich Bilder dazu unter dem Namen „Drosera spec. Inhaí“. Die Pflanze ist selten, und kommt nur auf dem Diamantina Plateau in Minas Gerais vor.

 

Die nächste Verwandte von D. ascendens ist die stammbildende, ebenfalls großblütige D. graomogolensis (benannt nach der Serra do Grão Mogol, wo die Pflanze zuerst entdeckt wurde). Diese Pflanze ist schon in Kultur, meines Wissens von den Standorten Serra de Grão Mogol, Itacambira, Morro do Jambeiro und Botumirim. Sie kommt ausschließlich im Norden von Minas Gerais vor.

 

Zwei neu beschriebene Arten aus dieser Gruppe sind noch relativ selten in Kultur:

 

Drosera riparia aus dem Bundesstaat Bahia („der Fluss-Sonnentau“, bisher als „D. spec. Bahia“ bezeichnet) und Drosera chimaera aus Minas Gerais (bisher als „D. spec. ‚hairy ascendens’“ bezeichnet, der Name „chimaera“ bezieht sich auf das Aussehen der Pflanze, die ein bisschen wie eine Mischung aus Drosera latifolia und D. tomentosa aussieht).

 

 

Der Artikel enthält zahlreiche Fotos, Zeichnungen und Verbreitungskarten aller Arten, einen Bestimmungsschlüssel und Angaben zu Verbreitung, Ökologie und Gefährdung.

 

Schöne Grüße und ein gutes neues Jahr!

 

Andreas

 

 

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Hallo Andreas, 

 

vielen Dank für die schöne Zusammenfassung. Ich bin schon sehr gespannt auf den Artikel. 

Dann werde ich mal das ein oder andere Etikett abändern gehen... ;)  

 

Viele Grüße

Nils

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Andreas Fleischmann

Ja, ich habe Fernando schon darauf hingewiesen, dass er die Fotos aus dem Artikel doch bitte wieder von den diversen Karnivorenforen löschen soll (bzw durch Fotos ersetzen soll, die wir nicht im Artikel verwendet haben). Er tut sich da leicht, er hat ja nicht den Copyright-Vertrag mit dem Verlag unterschrieben, das durfte ich als Seniorautor tun. Und ich kriege dann wieder Post vom Anwalt des Verlages ;)  (und die sind bei sowas leider gar nicht zimperlich! Bei so einer wissenschftlichen Veröffentlichung verlangen nämlich einige Verlage (bei diesem war es so), dass sämtliche Urheberrechte von Text und Bild an den Verlag übergehen. Die Autoren dürfen also ihre eigenen Bilder und Zeichnungen ohne Erlaubnis nicht mehr verwenden. Mich hat es zum Beispiel viel gekostet, dass ich meine eigenen Genlisea-Zeichnungen des Artikels von 2011 nochmal in meinem Genlisea-Buch verwenden durfte....).

 

 

Schöne Grüße,

 

Andreas

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Sorry, Andreas, das mit dem Copyright wusste ich nicht, habe meinen Beitrag diesbezüglich editiert.

 

Das ist aber echt blöde, wenn man seine eigenen Bilder nicht mehr verwenden darf. War mir völlig neu (na gut, wissenschaftliche Veröffentlichungen habe ich noch nicht gemacht, über was auch? Wie baue ich einen Knast? :-) ) 

 

Schöne Grüße zurück

 

Wolfgang

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Andreas Fleischmann

Hallo Wolfgang,

 

Entschuldige, da hast du glaube ich was falsch verstanden ;) Dein Link zu Fernandos Beitrag im CPUK Forum war sehr hilfreich und willkommen hier (vielleicht kann man den wieder herstellen?), das Problem war nur Fernando, der in besagtem Beitrag copyright-geschütze Bilder (die wir eigentlich gemacht hatten!) verwendet hat. Aber er wollte die durch andere (besser! ;)) von allen Arten ersetzen. Die würde ich dann auch hier posten.

 

Schöne Grüße,

 

Andreas

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Hallo Forengemeinde, Hallo Andreas,

Danke für die interessanten Infos, gut zu wissen! Und so wird die D. ascendens, die jeder 3. in Kultur hat(te), zu einer raren Pflanze...
Eine Sache habe ich allerdings nicht verstanden, die D. ascendens und die D. latifolia sind verschiedene Pflanzen, das ist klar.
Handelt es sich aber bei D. ascendens und D. spec Inhai um die selbe Pflanze?

Grüße Martin

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Hallo,

 

Ich weiß schon warum ich keine Drosera kultiviere. Da sieht doch kein Mensch mehr durch... ;)

 

Gruß,

Robert

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Ich weiß schon warum ich keine Drosera kultiviere. Da sieht doch kein Mensch mehr durch... ;)

 

ganz im Gegensatz zu den Nepenthes.... :haha:

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Hallo,

 

Für alle die noch mehr sehen wollen,die können hier wunderbare Bilder der "neuen" Arten betrachten.

 

https://www.facebook.com/paulo.gonella/media_set?set=a.648973225161680.1073741861.100001470251137&type=3

 

Gruß Roman

Bearbeitet von Roman.P
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Hallo Jonina,

das habe ich verstanden. Meine Frage ist gewesen, ob die Drosera ascendens dieselbe Pflanze wie Drosera spec "Inhai" ist.

Da es allerdings bei der D. ascendens steht hat sich die Frage von allein beantwortet. :)

Gruß

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Andreas Wistuba

Hallo,

 

Ich weiß schon warum ich keine Drosera kultiviere. Da sieht doch kein Mensch mehr durch... ;)

 

Gruß,

Robert

 

 

Ähnliches höre ich häufiger zu Heliamphora  :laughing:

Man muss offenbar einfach den "Blick" für eine Gruppe haben. Dann ist alles glasklar.

Der fehlt mir für die Feinheiten bei Drosera aber auch.

Grüße

Andreas

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