Zum Inhalt springen

Ansalbung von Karnivoren in Mooren


Andreas Fleischmann

Empfohlene Beiträge

Andreas Fleischmann

Liebe Karnivorengemeinde,

 

Nach langer Abwesenheit muss ich mich hier wieder einmal melden, und zwar mit einem Thema, das hier im Forum schon heiß diskutiert wurde, das aber immer noch aktuell zu sein scheint: die Ansalbung von Pflanzen in heimischen Mooren.

Der Grund, warum mir das wieder einmal aufstößt, ist aktuell die floristische Erfassung Bayerns, die ich u.a. mitkoordiniere. Und da fallen unseren (größtenteils ehrenamtlichen) Kartieren immer wieder Pflanzen in den Hochmooren auf, die sie nicht kennen, und mir Bilder oder Herbarbelege zur Identifikation schicken. Es sind erschreckend viele Karnivoren dabei, teilweise in bereits gut etablierten Beständen, die da nicht auf natürlichem Wege hingekommen sein können, sondern die von "Karnivorenfreunden" (Anführungszeichen bewusst gesetzt, denn wer sowas macht, hat unser Hobby wohl nicht verstanden?! Ein Leitziel der GFP ist auch der Naturschutz unserer heimischen Karnivoren und deren Lebensräumen - wer dort bewusst nicht heimische, potentiell invasive oder kompetitive Arten ausbringt, handelt extrem kontraproduktiv (und zudem stellt das sogar eine Straftat dar!)!!).

 

Nochmal, damit es auch der letzte -Entschuldigung!- Idiot versteht: ihr tut dem Naturschutz einen Bärendienst, wenn ihr irgendwelche Pflanzen oder Tiere in freier Natur (besonders in Naturschutzgebieten) auswildert! Gebietsfremde Arten bedeuten, dass eine intakte Naturschutzfläche eben nicht mehr intakt ist, dass sie im Zweifelsfalle sogar ihren Schutzstatus verlieren kann, oder dass ein Eingriff (teilweise massiv) in diese Flächen notig wird, um die fremden Arten wieder zu entfernen.

Ihr braucht ein heimisches Moor nicht noch durch irgendwelche Sarracenien "aufwerten" - wenn ihr die dort ausbringt, erreicht ihr genau das Gegenteil, nämlich eine naturschutztechnische Abwertung der Flächen!!! Da kann bei ggf. anfallenden Planungsmaßnahmen eventuell entscheidend sein, ob da in einem Moor Sarracenien wachsen (wird zuplaniert, da nicht mehr naturnah), oder ob es sich noch um ein intaktes Moor handelt.

Also, zum Schutz unserer heimisch vorkommenden Arten: lasst unsere Moore in Ruhe, genießt die dort wildwachsenden Karnivoren, und lasst die Exoten zuhause in den Töpfen und Gewächshausern! Wir sollten aus Riesenbärenklau, Kanadischer Goldrute, Indischem Springkraut (für all diese invasiven Neophyten sind übrigens Imker verantwortlich gewesen) doch schon genug gelernt haben? Nicht, dass es dann in 50 Jahren heißt: "...und für diesen invasiven Neophyten, der bei uns zum Aussterben von Utricularia vulgaris geführt hat, sind Karnivorenfreunde aus Bayern verantwortlich."

 

Aktuell sind da z.B. ein riesiger Bestand von Utricularia inflata in einem Moor bei Wasserburg am Inn, Sarracenia purpurea im Bayerischen Wald und im Chiemgau, Sarracenia oreophila im Chiemgau. Ich habe alle diese Vorkommen, die mir gemeldet wurden, bei der jeweils zuständigen Unteren Naturschutzbehörde angezeigt, in der Hoffnung, dass diese Arten aus den jeweiligen Mooren noch rechtzeitig entfernt werden können.

 

Alles Gute,

 

Andreas

  • Gefällt mir 19
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Benedikt Schmitt

Kann man sowas eigentlich als Infotafel drucken und in Zukunft einfach mit am GFP Stand aufstellen?

 

ich denke jeder der hier im Forum aktiv ist kennt die Problematik, aber wie viele rennen da draußen rum und lesen das hier nicht? Ich denke den meisten "Ottonormalos" ist das gar nicht bewusst, gerade Neueinsteiger welche voller Euphorie sind denken da wenig drüber nach und schon hat man Vögelchen gespielt und ein Paar Samen sind aus den Federn gefallen.

 

Kann man das nicht auf unserer HP mit rein packen, wir wollen ja schließlich aufklären, ich denke das ist ein sehr sehr wichtiger Punkt, gerade wenn man ließt das wegen sowas Moore abgewertet werden.

  • Gefällt mir 4
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

ChristophBurdeska

Hallo Andreas,

 

 

danke für die klaren Worte!

Ich denke vielen ist aber ein Punkt wirklich nicht geläufig, nämlich dass ein Gebiet dadurch seinen Status verlieren kann.

Habe ich zumindest in den Diskussionen noch nie gelesen.

 

Gruß

Christoph

  • Gefällt mir 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo zusammen,

 

ich sehe zudem noch eine ganz andere Problematik zukommen. Sicher mag es Leute geben,

die Pflanzen (in diesem Fall Sarracenien) auswildern. Doch was ist mit den wenigen Moorbeeten,

in heimischen Gärten, dessen Saatgut doch sehr weit verstreut wird (gerade bei Drosera - und

hier meine ich nicht nur den einheimischen Sonnentau). Ich hatte auch einmal von einem Mitglied

gelesen, der seinen Garten direkt (Luftlinie wenn ich mich erinnere keine 100 mtr. - ich kann mich

noch an ein Bild mit einem Reh erinnern) an einem Moor angrenzen hatte. Wie hier die "unnatürliche"

natürliche Verbreitung verhindert werden soll, bleibt für mich fraglich.

Bitte versteht mich nicht falsch, ich will mich hier nicht als Befürworter von Verbreitung Habiatsfremder

Pflanzen hinstellen oder Verbreiter in Schutz nehmen oder auch verurteilen, denn sicherlich findet nicht

jede Verbreitung mit Absicht statt. Jeder der ein eigenes Moorbeet im Garten hat, kann dies sicherlich

halbwegs nachvollziehen.

Als ich im Schloßpark Dennenlohe war, war genau dies das große Problem zwecks Förderrichtlinien

der EU, dass sich in dem künstlich angelegten  Moorbeet nur einheimische Pflanzen befinden durften.
Deshalb stand auch lange im Raum, wo das neue Moorbeet für Karnivoren, etc. angelegt wird, so dass

sich die Pflanzen nicht auf das bestehende Moor ausweiten.
Was hier im kleinen Rahmen vielleicht noch möglich und überschaubar ist, ist selbstverständlich im

natürlichen Habiat nicht mehr kontrollierbar.

 

Viele Grüße
Ulrich

 

 

Bearbeitet von Redstav
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Liebe Gemeinde,

 

tatsächlich glaube ich nicht, dass Andreas die Problematik "ans Naturschutz-Moor angrenzende Privatgärten" im Fokus hatte - die von ihm genannten Naturschutzzonen dürften ausreichend Abstand zu privaten Carni-Beständen aufweisen, oder?

 

So albern das Ausbringen exotischer Pflanzen in heimische Naturschutzgebiete ist - ich kapier echt nicht, was das bringen soll - so wenig wird sich der Trend zu Neophyten allgemein noch aufhalten lassen. Die Globalisierung machts eben möglich: Wo Menschen und Güter massiv global wandern, da wandern eben andere Arten auch...

 

Aber nochmal zurück zum Moor: einiges an Saatgut mag ja durch Vögel etc. wirklich verbreitet werden, aber die Mehrheit der "neuen" Bestände dürfte auf menschlichen Einfluss direkt zurückgehen. In sofern ist es gut, dass dies hier Thema wird.

 

viele Grüße

Feldi

  • Gefällt mir 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Nicky Westphal

Hallo zusammen,

 

mag sicher sein, das hier und da tatsächlich angesalbt wurde und ich will die Sache nicht verharmlosen, nur hoffentlich zieht sich jeder Moortourist einen Ganzkörperkondom über. Die Sache mit der natürlichen Verschleppung, wie sie Ulrich beschreibt, durch Vögel etc, ist ja durch die große Beliebtheit von künstlichen Moorbeeten nicht ganz außer Acht zu lassen. Was ist mit Freianlagen botanischer Gärten? Wie will man da eine Verschleppung verhindern? Theoretisch dürften da nur einheimische Pflanzen angepflanzt sein. Macht sich jeder, der daheim ein Moorbeet hat und gern mal im natürlichen Moor spazieren geht, Gedanken darüber, ob er vielleicht unbeabsichtigt Samen verschleppt?

Ich halte, das zwar für richig, das mutwillige Ansalbungen unterbunden werden müssen, aber wie will man die Verbreitung von Samen denn verhindern? Solange wir in unsren Gärten exotische Pflanzen kultivieren, solange werden sich auch regionsfremde Arten (gewollt oder ungewollt) ausbreiten. Es betrifft ja nicht nur unsre Moore. Die Natur geht wohl über diese hinaus. Es ist zwar schön, gut und richtig, aber solange wir das nur auf ein paar Quadratkilometer Naturschutzgebiete beschränken und Drumherum machen können was wie wollen, bringt das nicht viel. Die fremden Arten, werden ihren Weg finden und dabei muss keiner mehr eine Hand voll Samen ausstreuen.

 

Grüße Nicky

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Andreas Fleischmann

Hallo,

 

Zitat

So albern das Ausbringen exotischer Pflanzen in heimische Naturschutzgebiete ist - ich kapier echt nicht, was das bringen soll - so wenig wird sich der Trend zu Neophyten allgemein noch aufhalten lassen. Die Globalisierung machts eben möglich: Wo Menschen und Güter massiv global wandern, da wandern eben andere Arten auch...

Das mag für viele Standorte (Flussufer, Straßenränder, Wälder,..) gelten, aber zwei Habitatstypen in Deutschland sind bisher von invasiven Neophyten noch verschont geblieben: intakte Trockenrasen und eben Hochmoore. Gerade letztere würden den bekannten invasiven Neophyten Europas auch keinerlei Ansiedlungsmöglichkeit beiten, denn sie sind für diese Pflanzen viel zu nährstoffarm, zudem oft recht abgelegen. Und nun kommen solche kurzsichtigen Holzköpfe (ich vermute, einige davon möglicherweise sogar hier im Forum aktiv) und bringen in einem der letzten intakten Lebensräume in Deutschland exotische Pflanzen aus (alle mit Potential in Mooren invasiv zu werden!) - bloß, weil sie finden ein Moor mit Sarracenia würde vielleicht noch etwas besser aussehen.

Und dann wird im Forum hier auch noch stolz darüber berichtet, was für tolle Moore das doch sind, mit sovielen Sarracenien - das ermuntert womöglich noch Andere, das ebenfalls nachzumachen.

Ich habe eben von einem Naturschutzbeauftragten des Bayerischen Waldes erfahren, dass an den Arberseen wohl jedes Jahr neu Sarracenia purpurea gepflanzt wird (blühfähig Pflanzen, sowas wächst nicht aus Samen innerhalb eines Jahres), obwohl alle Exemplare dort jedes Jahr bei Pflegemaßnahmen wieder entfernt werden.

 

Nochmals: das Ausbringen von Pflanzen oder Samen in einem Naturschutzgebiet (und alle Hochmoore in Deutschland dürften NSGs sein) stellt eine Straftat dar (weil mit Vorsatz!), und ist genauso schlimm wie das Ausgraben von Pflanzen dort!

 

Wem etwas am Schutz unserer heimischen Moore liegt (und das sollten doch die meisten GFP-Mitglieder sein), der unterlässt sowas bitte. Alle Anderen sind entweder noch unwissend (und sollten dann eben hier aufgeklärt werden), oder ihnen ist wohl sowieso nicht mehr zu helfen,

 

Grüße,

 

Andreas

  • Gefällt mir 8
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo zusammen,

 

ich kann mich Andreas Ausführungen nur anschließen! Die letzten natürlichen Lebensräume bei uns sind viel zu wertvoll um sie mit irgendwelchen fremden Arten zu "infizieren".

Alles andere sind nur Ausflüchte und einfach dumm.

 

Siegmar

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo zusammen,

auch ich möchte die Ansalbungsproblematik nicht verharmlosen, kann mir aber auch vorstellen, dass das gar nicht absichtlich passieren muss. Als Kind hatte ich schon eine kleine Karnivorensammlung im Garten und einem Bekannten wuchsen ein paar Straßen weiter Droseras am Teichufer, bei denen er Mark und Bein schwörte, dass er die nicht angesät hat, die also aller Wahrscheinlichkeit von mir kamen.

(Btw: Ansalbungen sind "nur" Ordnungswidrigkeiten und keine Straftaten)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich denke, das ist ganz einfach eine Frage der Weltanschauung:

Der Mensch ist ein natürliches Produkt der Natur, also sind auch alle Handlungen des Menschen als ein Bestandteil der Natur zu verstehen. Die Weiterverbreitung von Pflanzen gehört natürlich ebenfalls dazu, genauso wie das Ausrotten von Arten und das Betonieren von Mooren.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wir müssen aber auch nicht alles machen, nur weil wir es (als Mensch) können!

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

gibt es irgendwo Bilder der Utricularia inflata in Wasserburg? Würd mich schon sehr interessieren

 

Grüße Berni

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde Dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde Dich hier an.

Jetzt anmelden
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Wir haben Cookies auf Deinem Gerät platziert. Das hilft uns diese Webseite zu verbessern. Du kannst die Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass Du damit einverstanden bist, weiterzumachen. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.