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Magnetfelder bei Dionaea entdeckt


Peter

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Siggi_Hartmeyer

Nun ja, wo Strom fließt baut sich ein Magnetfeld auf. Das ist Schulphysik. Das allerdings mit Minisensoren zu messen könnte auch bei den Sonnentau Überraschungen bieten, etwa bei den trockenen "Pads" von Schnelltentakeln, die ohne Leim Springschwänze so stark anziehen, dass diese sich selbst bei Einsatz ihrer Furka nicht befreien können. Nanoeffekt der Oberfläche oder statische Aufladung?

 

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Siggi_Hartmeyer

Aufnahmen zu den elektrostatischen oder Nanoeffekten beim Sonnentau habe ich sonst nirgends gefunden. Wir zeigen das meines Wissens erstmals in diesem Film (deutsche Sprache, englische Untertitel). Speziell Timecode 11:10 bis 12:10. Tatsächlich sind besonders Zwergdrosera auf Quarzsand mit Sicherheit stark aufgeladen, denn die statische Elektrizität entsteht ständig durch Reibung, wenn der Wind die Sandkörner über den Boden weht. Wird Druck auf Quarz ausgeübt entstehen sogar Funken, wie jeder sehen kann der ein piezoelektrisch zündendes Feuerzeug besitzt.
 

 

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Klugscheißer Modus an (man verzeihe mir die nun folgenden sehr vereinfachten Darstellungen):

 

... grundsätzlich haben die Wissenschaftler Recht und Maxwell neu entdeckt oder freundlich ausgedrückt wieder mal bewiesen.

Die Maxwellgleichungen beschreiben grundsätzlich den allgemein gültigen Zusammenhang zwischen elektrischer Strömung, dem Magnetfeld und dem elektrischen Feld.

Allerdings ist das durch den Stromfluss in Zellen verursachte Magnetfeld super gering, wie im Paper beschrieben.  Daher kann man dieses Feld nur mit extrem hohen Aufwand messen.

Neben dem Stromfluss könnte auch ein Umorientieren von magnetischen Dipolen oder die Bewegung von leitfähigen Medien geringe Magnetfeldänderungen hervorrufen.

Die Vermutung, man könnte künftig den Gesundheitszustand einer Pflanze im Anbau mit dieser Messmethode ermitteln ist eine extrem an den Haaren herbeigezogene (da nur im Labor möglich und extrem teuer!) und zeigt wie verzweifelt GrundlagenforscherInnen Argumente suchen müssen um ihre Aktivitäten zu rechtfertigen. Das liegt leider daran, dass Grundlagenforschung nix mehr zählt und alles sofort einem Produkt durchzuführen ist. KOTZ! Gebt den ForscherInnen das Geld und lasst sie arbeiten. Kommt immer was raus, was man dann in Geld umwandeln kann.

 

@Siggi_Hartmeyer: Das mit dem elektrostatischen Effekt glaube ich kaum:

Man braucht sehr hohe elektrische Felder um eine relevante Kraft hervorzurufen. Ich weiß das, da ich mit Sensoren arbeite, die genau diesen Effekt nutzen. Man kann sinnvolle Kräfte nur nahe der Durchschschlagsfeldstärke in Luft erreichen. Wir reden hier von Anordnungen die Hochspannung nutzen.

Das mit dem Quarzsand und dem Piezoeffekt  möchte ich auch mal stark bezweifeln: Es braucht unheimliche Kräfte um da relevante Ladungen zu generieren (beim Feuerzeug knallt ja ein Bolzen auf den Kristall). Der Wind und das Aneinanderstoßen von Sandkörnern reicht da nicht (für relevante Ladungen). Auch glaube ich nicht an die elektrostatische Aufladung von Sand durch Reibung, da dieser extrem trocken sein müsste. Dei geringster Feuchte würden die Ladungen sofort abfließen. Es gibt zwei Orte wo ich die elektrostatische Aufladung von Sand bis jetzt gesehen habe: Verarbeitung von extrem trockenen Sand (z.B. beim Befüllen von elektrischen Sicherungen) und am Mars: da reicht schon die Bewegung des Marsrovers um Funken zu generieren weil sich der Sand am Mars bei Bewegung sofort elektrostatisch auflädt. Die Droseras die ich in der Natur gesehen habe und die voll mit Sand waren hatten diesen immer in der Nähe der Klebedrüsen. Es reicht schon ein kleiner Film auf der Pflanzenoberfläche, um den Sand darauf kleben zu lassen. Außerdem passiert es in diesen Biotopen in der Nacht, dass Feuchte aus der Atmosphäre ausfällt oder von unten aus dem Sand kommt. Wie auch immer, der Sand wird immer wieder feucht, zumindest genügend feucht, um die Elektrostatische Aufladung abzubauen.

 

Ich betreue gerade eine Dissertation, wo wir das Isolatorverhalten bei verschmutzten Oberflächen bei Hoher Gleichspannung untersuchen. Da ist auch Sand ein Thema (wie auch alle anderen Verschmutzungstypen die Aufgrund von elektrostatischen Effekten und Krafteffekten hervorgerufen durch eine diskontinuierliche Dielektrizitätskonstante in Grenzschichten eine Anhaftung verursachen können). Das Ganze ist extrem abhängig von der Restfeuchte und Luftfeuchte, sodass es erhebliche Probleme gibt, reproduzierbare Experimente durchzuführen. Wir sind gerade dabei über eine Anschaffung einer Klimakammer nachzudenken.

 

I glaubs ned, dass es do an relevanten Effekt gibt. Des geht si ned aus.

 

Wenn ich mein elektrostatisches Voltmeter habe (das ich gerade anschaffe) können wir das gerne mal messen.

 

Klugscheißer Modus aus.

 

Ein Scherzerl sei mir hier erlaubt:

 

Der Ansatz wäre aber cool: Wenn man den Gedanken weiterspielt gibt es sicher irgendwo auf der Welt den 

Drosera electricus der seine Beute mittels Stromschlag betäubt und tötet. Wäre neben den normalen Dentakeln und den Schnelltentakeln ein weiterer Fallenmechanismus.

Ich würde vorschlagen wir gehen alle mal rasch auf die Suche.

Weiters kann man dann den Drosera zum "Erzeugen von Strom" verwenden. Wieder mal etwas das durch die Medien geistern wird (wie die "stromerzeugenden Zellen", die haben mich auch lange heimgesucht, plötzlich sind die Ideen der Stromzellen Kraftwerke wie die Schwammerl aus dem Boden geschossen. Sie sind dann erwartungsgemäß so rasch wie ein Schwammerl auch wieder vertrocknet)

 

Scherz Ende

 

LG,

 

BT.

 

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vor 12 Minuten schrieb Beautytube:

Weiters kann man dann den Drosera zum "Erzeugen von Strom" verwenden.

Schon, aber dann muss man den Sonnentau gut füttern, was sagen da manche Tierschützer dazu und ist das Klima-neutral??

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vor 55 Minuten schrieb Peter:

und ist das Klima-neutral

 

Kabarett Modus an:

 

Natürlich, alles von den Pflanzen kommende ist per Definition klimaneutral:

Diesel aus Palmöl und Mais

Biogas aus Mais

...

Einzige Ausnahme: Nuklear Energie, die ist noch besser (weil kein CO2 im Prozess), nur die Merkel weiß es noch nicht, schaltet diese Kraftwerke einfach ab und stößt auf diesen Erfolg mit umweltfreundlichstem SodaStream Mineralwasser an (weil da wird ja CO2 aus der Luft gesaugt und ins Wasser geblasen und damit is es futschi).

 

Kabarett Modus aus.

 

? 

 

BT

Bearbeitet von Beautytube
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Siggi_Hartmeyer
Zitat

Auch glaube ich nicht an die elektrostatische Aufladung von Sand durch Reibung, da dieser extrem trocken sein müsste. 

 

Nun ja, nichts für ungut, aber glauben bedeutet erstmal nicht wissen, das gilt auch für Elektroniker. Natürlich ist Sand wenn er feucht ist sehr schnell entladen, da hast Du wie auch in einigen weiteren Punkten durchaus recht, allerdings bin ich der Ansicht, dass etwa Angela Merkel in dieser Diskussion wirklich nichts zu suchen hat und ich - wenn schon Politik -  Diesel aus Pflanzen für umweltpolitischen Schwachsinn halte. Von mir aus soll man da aus Luft extrahiertes CO2 verwenden (das klappt bereits), aber keine Lebensmittel die mit Chemiekeule (Glyphosat) in Monokulturen großflächig die Biologie der Böden versauen. Und wer die unverantwortiche Kernkraft als noch besser als Biogas bezeichnet argumentiert von meinem Standpunkt aus gesehen in einem Paralleluniversum ohne Atommmüll.

 

Was den australischen Quarzsand - teils pur, teils mit Laterit vermischt - im Südwesten Australiens betrifft (ich war dort wochenlang unterwegs), wo auch die Luftfeuchte wesentlich niedriger ist als in den nördlichen Tropen, sind besonders um die Mittagszeit in dort eher normalen trockenen Perioden elektrostatische Effekte des Quarzes durchaus wahrscheinlich: Elektrisierender Sand.

 

Wie schnell statische Elektrizität bei Trockenheit deutliche Anziehungseffekte zeigt, weiß jeder, der sich mit einem Kunsttoffkamm (ohne Antistatikchemie, die ich u.a. im Labor des früheren Schweizer Herstellers Sandoz auf Qualität kontrollierte) durch die Haare fährt, oder einen Kunstfaser enthaltenden Pulli (auch ohne heute übliche Antistatika) über den Kopf zieht. Das sind durchaus relevante, wenn auch harmlose elektrostatische Hochspannungen. Wenn Du das, besonders im Miniaturbereich für irrelevant hältst, hast Du Dich offensichtlich noch nicht mit diesen Effekten etwa im Zusammenhang mit bestäubenden Bienen beschäftigt, die anhand der Elektrostatik bereits besuchte von unbesuchten Blüten unterscheiden können. Auch wenn noch viel zu wenig untersucht, diese Effekte spielen in der Interaktion von Pflanzen und Arthropoden durchaus eine wesentliche Rolle: Elektrische Felder bei Blüten.

 

Jetzt aber nochmal grundsätzlich, auf einen Kabarettmodus habe ich bisher völlig verzichtet: Ob die eindeutig zu beobachtenden, also völlig unstrittigen Anziehungen an den trockenen Tentakelköpfen auf elektrostatischen oder auf Nanoeffekten der Oberfläche beruhen, habe ich ausdrücklich als ungeklärt bezeichnet, da es bisher schlicht keine Publikationen dazu gibt. Hier noch ein Filmchen, das die Anziehung von Fruchtfliegen an die trockenen T2-Tentakelköpfe recht anschaulich zeigt:
 

 

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@Siggi_Hartmeyer Man muss da schon unterscheiden: wie beim Magnetfeld kommt es immer auf die Stärke an von der man spricht. Oben erwähntes Magnetfeld ist extrem schwach. Auch die erwähnten elektrischen Felder bei Blüten sind extrem gering. Man kann sie aber mit entsprechenden Sensoren gut messen.

Die Ganze Natur ist erfüllt vom elektromagnetischen Feld.

 

Will man jedoch ein Sandkorn zum "Kleben" bringen muss das elektrische Feld sehr stark sein (nämlich um die Gewichtskraft, oder die Trägheitskraft zu überwinden). Das geht sich unmöglich aus.

 

Die Zeitkonstante der Entladung kenne ich auch genau (diese ist bestimmt durch den Quotienten aus dielektrischer Konstante und Leitfähigkeit (siehe Küchler, Hochspannungstechnik, ein Standardwerk), liegt dann bei feuchtem Sand gleich mal im Bereich Sekunden, nix mit Aufladung.

Nachdem der Sonnentau durch seine feuchten Tentakeln (iGewebe) vergleichsweise gut leitet, ist es unmöglich da was an Ladungen anzusammeln. Das sogenannte Bulk Material (hier das pflanzliche Gewebe) muss hoch isolierend sein!. Trifft bei einem Gewebe nicht zu.

Die Elektrostatik zu Hause (wenn ein Funke hüpft) funktioniert auch nur bei trockener Luft und trockenem Boden und gut isolierenden Schuhen. Wenn man den Teppich etwas besprüht dann geht das mit der Aufladung nicht mehr. Detto mit dem Kamm. Wenn der feucht ist dann gehts auch nimmer. (Ich habe leider keine Frisur mehr wo ich einen Kamm benötige, aber ich kann mich noch gut an die Kinderexperimente erinnern ? ).

 

Wegen dem elektrisierenden Sand: Da muss man schon genauer schauen und den Unterschied und Zusammenhang zwischen Ladung, Spannung und Feldstärke kennen.

Eine der vier Maxwellgleichungen schreibt folgendes an: div(D)=r (habe leider keine Vektoren und griechische Buchstaben hier im Editor zur Verfügung, man möge mir daher diese falsche Schreibweise verzeihen).

Diese Gleichung (und die Definition der elektrischen Feldstärke über den Zusammenhang mit dem elektrischen Potential) besagt grob dargestellt, dass über eine gewisse Länge eine "geringe" Ladung integriert auch eine hohe Spannung geben kann, die dann zum Durchschlag führt. Das ist dann fast immer zusätzlich im Spiel wenn man sich gegenseitig elektrisiert. Beim Van de Graaff Generator wird die Hochspannung genau durch diesen Effekt erzeugt (viele Ladungsträger über ein langes Band verteilt, vergleichsweise geringe Feldstärke entlang des Bandes aber hohe Spannung am Ende des Bandes, da das Integral entlang des Ladungsbandes der entscheidende Faktor ist). Daher ist der elektrisierende Sand möglich, aber die Kraft auf das Sandkorn ist gering (vernachlässigbar). 

Habe übrigens unter solchen Bedingungen auch nie einen ausgetriebenen Sonnentau gesehen. Wenn der wächst hat's immer ne "Restfeuchte". Ergo kein Sand kann sich aufladen.

 

Hier ein Bild von Sonnentau mit Sand bedeckt (Australien Nähe Canberra):

DSC_0246

 

Der Sand ist zufällig raufgeschawppt und raufgepappt.  Klar, weil dieser Sonnentau wächst hier:

 

DSC_0245

 

Feuchter Sand und sicher keine Aufladung.

 

Es braucht nicht viel Ladung (pro Weg) um mal einen kleinen Funken zu bekommen. Aber es benötigt sehr viel Ladung (pro Weg) um ein Sandkorn wo zu arretieren. Wäre das nicht so, würde der Sand in der Wüste sofort zusammenpappen. Der rieselt aber immer sehr schön.

 

Geht sich nicht aus, sorry.

 

Bin kein Elektroniker, sondern Hochspannungstechniker, "wir gestalten täglich elektrische Felder" und daher muss ich meine obige Aussage ("ich glaube") auf "das ist unmöglich" korrigieren. Sollte ja auch kein Paper hier werden.

 

Wir sollten nicht nach Effekten bei unseren Pflanzen haschen, wo es keine gibt (präziser, die Wirkung weit im Vernachlässigbaren zu finden ist).

Würde jemand in diese Richtung publizieren, würde ich mir die Mühe machen, Berechnungen anwerfen und dies aufs Heftigste richtig stellen.

Kenne mich bei Pflanzen nicht wirklich aus, aber Elektrische Felder sind mein täglich Brot. Daher bin ich da so sicher.

 

Also meine Schlussfolgerung wäre: Es muss ein anderer als ein elektrostatischer Effekt sein, der die Sandkörner zum Kleben an der Pflanze bringt.

 

BT

 

PS.: Ein bisserl Spass muss und darf wohl sein, wollte Dich nicht "runter machen", weder mit den Späßchen noch mit meinen Gegendarstellungen.

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partisanengärtner

Das Laterit oft stark eisenhaltig ist und teilweise sogar magnetisch  macht da keinen Unterschied?

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vor 5 Minuten schrieb partisanengärtner:

Das Laterit oft stark eisenhaltig ist und teilweise sogar magnetisch  macht da keinen Unterschied?

Njet, hat nichts damit zu tun.

Kann auch keine Erklärung für das Anhaften sein.

 

BT

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vor 7 Stunden schrieb Siggi_Hartmeyer:

ohne Antistatikchemie, die ich u.a. im Labor des früheren Schweizer Herstellers Sandoz auf Qualität kontrollierte

War das nicht der Hersteller, dessen Qualitätskontrollen so herausragend geplant und durchgeführt wurden, dass anschließend ein gutes Stück Rhein biologisch tot war? Und dessen Qualitätskontrollen so genial sind, dass bis in jüngste Zeit Betäubungsmittel für Hinrichtungen in die USA geliefert worden sind?

 

Viele Grüße

Stefan

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Christoph Hübner

Hallo zusammen,

 

spannendes Thema. Vielen Dank @Beautytube für die guten Erklärungen. Schon mein Prof an der Uni wusste, dass Hochspannungstechnik stets hoch spannend ist. ?

 

Viele Grüße

Christoph

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Siggi_Hartmeyer
Zitat

War das nicht der Hersteller, dessen Qualitätskontrollen so herausragend geplant und durchgeführt wurden, dass anschließend ein gutes Stück Rhein biologisch tot war? Und dessen Qualitätskontrollen so genial sind, dass bis in jüngste Zeit Betäubungsmittel für Hinrichtungen in die USA geliefert worden sind?

 

Das ist jetzt eine derart bösartige Verschwörungsformulierung, dass ich hier - zumal es Schnelltentakel off-topic ist - zuerst reagiere. Ja genau, ich arbeitete bei Sandoz Muttenz (Schweizerhalle) und war am Morgen des 1. November 1986 um 7:50 Uhr als der Brand noch schwelte und das ganze Rheintal um Basel nach Stinktierextrakt stank (Mercaptan) im Labor im Einsatz und war von Beginn an der die Brandursache aufklärenden Analytik beteiligt (Zentrale Analytik Muttenz), ergänzend zu den unabhängigen behördlichen Ermittlungen. Es hatte eine Lagerhalle gebrannt, wobei organische Lösungsmittel durch einen rauchlosen Schwelbrand einer Palette Berliner Blau gezündet heftig explodiert waren. Das Feuer loderte um die 300 Meter hoch und die gezündeten Fässer flogen aus der Halle wie Raketen Hunderte Meter durch die Luft und drohten die gesamte Chemieproduktion zu entzünden, was nicht nur wegen des dort gelagerten, hochgiftigen Phosgens zur Farbstoffproduktion ein noch größeres  Desaster ausgelöst hätte. Dank der Werksfeuerwehr gelang es mit Wasserwänden dies zu verhindern. Mit dem Löschwasser waren in der Halle gelagerte Pestizide (durch rot fluoreszierendes Rhodamin markiert, damit auch Spuren von Verunreinigungen damit sofort sichtbar werden) in den Rhein gelaufen, wo tatsächlich bis nach Holland sehr viele Fische getötet wurden. Das war sehr schlimm und die Bilder des bei Sonne rot leuchtenden Rheins und Container voller toter Aale gingen - unsinnigerweise oft als zweites Tschnerobyl kommentiert - um die Welt. Es war ein sehr tragischer Unfall, denn die großen Mengen Löschwasser waren wirklich nötig um eine noch größere Chemiekatastrophe in angrenzenden Produktionsbetrieben zu verhindern. Die Kapazität der Auffangbecken hatte leider nicht ausgereicht, an diesem Punkt mag Kritik an deren Planung berechtigt sein.

 

Es wurden dann in wenigen Jahren Hunderte Millionen Franken Firmengelder investiert um 1. den Rhein vorbildlich zu sanieren, wodurch dieser schon wenige Jahre später in einem wesentlich besseren Zustand war als jemals zuvor seit Beginn der Industrialisierung. 2. wurden moderne große Auffangbecken gebaut, die nach der Fertigstellung zu Besuchen von internationalen Chemiefirmen führte, da die Sicherheitsvorkehrungen nun als weltweit vorbildlich galten und tatsächlich bis nach Asien übernommen wurden. Abgesehen von den wirklich engagierten Maßnahmen der zum Glück finanziell gut ausgestatteten Sandoz, konnte sich der Rhein auch deshalb relativ schnell erholen, da die Kleinstlebewesen zum Glück größtenteils überlebt hatten und die Fische aus den Nebenflüssen rasch wieder zuwanderten und Nahrung fanden. Die Behauptung der Rhein wäre biologisch tot gewesen ist eine auf Unwissen beruhende Behauptung.

 

Das war alles schlimm genug. Jetzt aber offensichtlich ohne jegliches faktisches Wissen zu unterstellen, wir hätten bei Qualitätskontrollen geschlampt und Giftspritzen für Hinrichtungen in den USA produziert ist unterirdisch bösartig und hat nichts mit der Realität zu tun. In unserem Werk stand die damals weltgrößte Farbstoffproduktion in einem Gebäude, das Platz für das Basler Münster geboten hätte (Bau 939) und wir stellten zudem Hilfsstoffe wie optische Aufheller, Antistatika und andere Chemikalien wie etwa Calciumverbindungen für das heute noch in Deutschland erhältliche "Ca-Sandoz" her, aber niemals Giftspritzen für die USA.

 

Das Fragezeichen am Ende reduziert die darin schon fast lustvoll aus der Luft gesaugte, suggestive Verschwurbelung von Unfähigkeit und Böswilligkeit "der Sandoz Muttenz (Schweizerhalle)" im oben zitierten Satz nicht wesentlich, daher weise ich solche öffentlich geäußerten Verschwörungstheorien als direkt Beteiligter und im Namen meiner ehemaligen Kollegen - die von dem Unfall mindestens so geschockt waren wie die Öffentlichkeit - mit Nachdruck zurück.

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Siggi_Hartmeyer
Zitat

Wir sollten nicht nach Effekten bei unseren Pflanzen haschen, wo es keine gibt (präziser, die Wirkung weit im Vernachlässigbaren zu finden ist).

Würde jemand in diese Richtung publizieren, würde ich mir die Mühe machen, Berechnungen anwerfen und dies aufs Heftigste richtig stellen.

 

Hallo Beautytube und vielen Dank für die fachlichen Erläuterungen, denn ich bin bei diesem Thema wirklich für jeden vernünftigen Input dankbar. Was die Eigenschaften von nassem Sand betrifft waren wir ja von Beginn an einer Meinung. Du schließt also als Hochspannungselektriker aufgrund Deiner Erfahrung elektrostatische Effekte als Verursacher des Anhaftens von Beute oder Sandkörnern an den trockenen "Pads" aus. Deine Argumentation unter Einbeziehung der Maxwellschen Gleichungen klingt hier durchaus plausibel und ist für mich als Begründung einer "Hypothese gegen die Anwesenheit elektrischer Felder" soweit akzeptabel. Den Beweis, dass Deine Hypothese stimmt, können natürlich erst eindeutige zukünftige Experimente bringen, weshalb ich die obige Formulierung etwaige "Publikationen in die Richtung aufs Heftigste richtigzustellen" für zu diesem Zeitpunkt etwas zu vorschnell halte. Egal ob es stimmt oder nicht. Als Analytiker sollte man nie auf ein bestimmtes Ziel hin untersuchen, respektive die Versuche daraufhin ausrichten, sondern vorbehaltlos möglichst sinnvolle und resultatoffene Experimente entwickeln, präzise messen und erst dann auswerten.

 

Ich wiederhole hier daher in dieser Diskussion zum 2. Mal: Ob die Anziehung auf statischer Elektrizität oder auf Nanoeffekten der Oberfläche beruht, ist für mich völlig offen. Allerdings halte ich die obige Formulierung "Wir sollten nicht nach Effekten bei unseren Pflanzen haschen, wo es keine gibt" für wissenschaftlich völlig inakzeptabel und, sorry, ziemlich arrogant, denn die Effekte gibt es ja unstrittig. Also bitte.

 

Input zur Elektrostatik haben wir nun, eventuell kennt sich auch jemand mit Van-der-Waals-Kräften aus, die etwa von Geckos an den Füßen genutzt werden. Das wäre durchaus eine alternative Hypothese. Erwähnen möchte ich aber hier auch noch die etwa im Tentakelkopf von D. glanduligera unter dem Mikroskop sichtbaren verdrehten Xylemstrukturen, die für mich wie ein "Kraftwerk"  aussehen. Bei Berührung dieses abgehobenen Tentakelkopfes (wirkt wie ein Trittschalter) wird innert 0,4 Sekunden ein Aktionspotential (elektrischer Strom) freigesetzt, das durch den Tentakelstiel bis zur Gelenkzone fließt und dort eine so heftige Katapultbewegung auslöst, dass der T3-Tentakel dabei durch die Wucht im Gelenk zerstört wird. Dies funtioniert wie Aktionspotenziale bei der Venus Fliegenfalle, deren Magnetfelder im Artikel ganz oben geschildert werden. Mehr als das, die Verbindung zwischen Kopf und Tentakel ähnelt dabei auch noch auffällig den Triggerhaaren von Dionaea. Hier ist die Existenz von Stromflüssen eindeutig nachgewiesen.

 

In diesem Kurzfilm wird neben den gewichtsmäßig definierten Kupferschlingen die nicht am Kopf anhaften, sondern vor dem Katapultieren "eingehakt" werden, auch ein Quarzkorn angehoben, das ganz offensichtlich lediglich durch Anziehung anhaftet. Timecode 1:02 - 1:14. Ich würde mich über weiteren Input zu diesem Phänomen freuen und nochmals ausdrücklich: Diese Effekte gibt es, sie zu leugnen oder als vernachlässigbar zu bezeichnen kann ich beim derzeitgen Stand der Untersuchungen schlicht nicht nachvollziehen:

 

 

 

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Siggi_Hartmeyer
Zitat

Das Laterit oft stark eisenhaltig ist und teilweise sogar magnetisch  macht da keinen Unterschied?

 

Richtig ist tatsächlich, dass Laterit stark eisenhaltig ist, daher die rote Farbe (Eisenoxid ist Rost) wie beim chemisch verwandten Seramis. Aber der Magnetismus des Eisens hat keine nennenswerte Wirkung (Magnetfelder induzieren durchaus auch Stromflüsse) auf die statische Aufladung der Quarzkörner. Die beruht in erster Linie auf Reibung wie im Kammbeispiel oben. Dass Kamm wie Sand dafür trocken sein müssen ist logisch.

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partisanengärtner

Wenn durch den Wind eisenhalter Sand über liegendes magnetisches Material bewegt (oder umgekehrt) wird sollte schon das eine oder andere Elektron in Bewegung geraten. ?

Was mit der Spannug passiert und ob die Feuchtigkeit auch überall ausreichend vorhanden ist, kann ich mir bei den komplexen natürlichen Zuständen nicht vorstellen. Das ist ja kein homogenes Substrat. Schon weil die unterschiedlichen spezifischen Gewichte das sicher irgendwie immer neu sortieren. Da sollten auch leitende Schichten möglich sein. Reiner Quarz ist doch weitgehend isolierend?

 

 

Das Natur mit Feldern und Spannung so sie längere Zeit vorhanden sind immer was anfängt ist anzumehmen.

Das meiste wird erst mit Verfeinerung der Messtechnik mehr und mehr erkennbar. Wie klein sind denn die Felder die z.B. das Schabeltier zur Orientierung beim Beutefang im trüben Wasser nützt. Das kann bei einer winzigen Insektenlarve ja nicht so viel sein.

 

Vielleicht ist es ja auch nur ein zufälliger magnetischer Effekt. Wenn magnetischer Sand auch  auf dem Tentakel biologisch haftet könnten glegentlich gleiche Pole sich anziehen. Das kann im sichtbaren Bereich auch wie ein Sprung aussehen, wenn die Kraftlinien durch Mikrobewegungen im Sand oder ein Tentakelhochschnellen so einen Sprung auslösen können. Weil schon der Winkel sich da ändert und hinderliche Bodenbarrieren wirkungslos werden.

Bearbeitet von partisanengärtner
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Siggi_Hartmeyer
Zitat

Reiner Quarz ist doch weitgehend isolierend?

 

Richtig, SiO2 ist Quarzglas/Quarzsand und ein Isolator. Gerade deshalb bauen sich statische Spannungen auf, in einem elektrischen Leiter würden sie rasch abfließen.

Bearbeitet von Siggi_Hartmeyer
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Bin erstaunt, welche Diskussion sich hier entwickelt hat und seh schon, da ist reichlich Forschungsbedarf vorhanden, vielleicht kann ja die eine oder andere Uni da ein paar Masterstudent*innen oder Dissertant*innen drauf ansetzen??

Hauptsache meine Dionaeas stören nicht meinen Fernsehempfang?!

LG, Peter.

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@Siggi_Hartmeyer

Man kann das sehr gut rechnen

 

Also: Gewichtskraft eines 1 mm Durchmesser runden Sandkorns (Dichte Quarz 2650 kg/m³ ist rho*V*g=1.361e-5 N

Dann eine Feldsimulation an der absoluten Grenze eines Durchschlages in Luft (30 kV /cm)

Die blauen Bereiche sind die 30 kV /cm. Vor dem Sandkorn geht es dann schon rauf auf über 40 kV/cm. Da sprüht das Korn schon (Teilentladung bzw. Glimmen).

Geht also schon fast nicht mehr.

 

image.png.e007fa1ae6c13098d7df5af4e6a11877.png

 

Integral des Oberflächen Stress Tensors (gib die Kraft) ergibt: 2.34e-8 N. Das ist um einen Faktor 1000 zu wenig! Da tut der Physiker nicht mehr messen, das geht sich nicht aus.

Gut ich habe mit einer relativen Dielektrizitätskonstante von 2 gerechnet (laut rasch gegoogeltem Wert) man kann nun sagen wir haben vielleicht 10, aber das macht das Kraut nicht fett. Geht sich immer noch nicht aus.

 

In Deinem Film sieht man dann noch eine extreme Beschleunigung des Korns. Das gibt eine extreme Zusatzkraft (zusätzlich zur Gewichtskraft) F=m*a!

Das geht sich dann schon gar nicht mehr aus.

 

Aber das Experiment kann ich auch liefern.

Ich zeige in der Hochspannungslaborübung den Effekt der Faserbrückenbildung. Das ist ein Effekt, wo sich Dreck in einer Hochspannungsanlage entlang der Feldlinien ausrichtet (wenn das passiert, schlägts im Gerät über). Man legt dabei "Schmutz" auf einen Teller und lässt diesen durch das hohe Feld schweben.

Das geht super mit leichtem Styropor, Textilfasern, Papierschnitzel. Sand kann man da nicht heben.

Hier ein Foto mit Papierschnitzel.

Die werden kaum angehoben, obwohl es schon kracht (allerdings bei einer Spitze Platte Anordnung, wo es früher durchschlägt):

 

image.png.b198229798bce0ea4632af4e77eceb04.png

 

Beim nächsten Mal nehme ich dann Sand und filme das Ganze.

Es wird nicht gehen.

 

Allerdings ist nun schon interessant wieso das Körnchen so klebt. Der Film ist sehr eindrucksvoll.

Wäre es nicht sinnvoll, wenn da ein (Super) Kleber am Tentakel ist? Es würde eine Beute doch wesentlich leichter abrutschen, wenn sie beschleunigt wird und kein Kleber dran ist?

Ein Kleber muss ja nicht unbedingt "triefend dosiert" und sichtbar sein.

 

Wie auch immer, die Elektrostatik ist es sicher nicht. Ist doch auch gut, wenn man diesen Effekt ausschließen kann, man kann dann beruhigt was anderes suchen.

 

@partisanengärtner Das Magnetfeld durch kleine Permanentmagnete von ferromagnetischen Sanden reicht nicht aus um vernünftig hohe elektrische Felder zu generieren. Leider auch nicht. Da müssten die Körner extrem rasch bewegt werden. Kann man auch gut rechnen.

 

Schön, wenn ein Elektrotechniker mal bei den Biologen mitreden kann. ? 

 

LG,

 

BT.

 

 

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Siggi_Hartmeyer
Zitat

Allerdings ist nun schon interessant wieso das Körnchen so klebt. Der Film ist sehr eindrucksvoll.

 

Tatsächlich steckt in den Aufnahmen eine Menge Zeit und Arbeit, sowohl in der Vorbereitung, als auch in deren Durchführung in den Laboren der Plant Biomechanics Group (Uni Freiburg). Auch wenn Priv. Doz. Dr. rer. nat. habil. Simon Poppinga (an dieser Stelle noch Glückwunsch zur erfolgreichen Habilitation lieber Simon!), Irmgard und ich in diesen gemeinsamen Versuchen hauptsächlich die Leistungsfähigkeit der hydraulisch angetriebenen Schnelltentakel der Katapult-Leimfalle im Blick hatten, sind natürlich auch die zufälligen Beobachtungen am Rand der Versuche hochinteressant. Da zeigte sich unter kontrollierten Laborbedingungen am Beispiel des zufällig geschleuderten Quarzkorns, dass die trockenen Tentakelköpfe erstaunliche Eigenschaften haben und nicht nur - wie zuvor schon bei privaten Versuchen in unserem Gewächshaus - leichte Beute wie Springschwänze oder Fruchtfliegen anhaften. Allerdings haben wir dieses spezielle Phänomen damals im Labor nicht näher untersucht, es beschäftigt uns aber weiterhin.

 

Die Frage bleibt nach wie vor: Anziehung durch unterschiedliche elektrische Ladungen (danke für die anschaulichen Versuche dazu Beautitube) durch Van-der-Waals-Kräfte (wie bei Geckofüßen) oder ein unbekannter sonnentauspezifischer Faktor X? Das werden nur gezielte Experimente zeigen, ohne die wir im Moment nur die unterschiedlichen Hypothesen diskutieren können. Da darf durchaus auch mit sachlichen Argumenten gestritten werden, genau das macht doch Wissenschaft aus. Einen Superkleber auf den trockenen "Pads" kann ich anhand unserer eigenen, im Wohnzimmer entstandenen Aufnahmen aber mit ziemlicher Sicherheit ausschließen. Springschwänze die sich durch Einsatz ihrer Furka (Sprunggabel) von der Oberfläche zu befreien versuchen, kleben eben nicht fest sondern rutschen beim Auslösen der kräftigen Sprunggabel auf dem Pad herum, ohne Abstand zu gewinnen. Das ist eher typisch für eine Anziehung durch ein Kraftfeld auf einer glatten Oberfläche, ohne mechanisch verklebte Flächen, die ein Rutschen natürlich verhindern würden. Das ist unter dem Mikroskop sehr gut zu erkennen. Einen Eindruck davon geben die Aufnahmen im oben gezeigten Beispiel im Film "Zwergsonnentau mit Katapulten".

 

Für so eine gelungene Mikroskop-Filmaufnahme mit Springschwänzen die im Unterschied zu Fruchtfliegen kaum zu bändigen sind, braucht es viel Geduld und Dutzende, wenn nicht sogar über die Jahre Hunderte Versuche mit Schnelltentakeln. Dabei entsteht ein recht fundiertes Bild der teils komplexen Vorgänge. Die Arbeit will sich verständlicherweise nicht jeder machen. Unsere privaten Untersuchungen über die Funktion der verschiedenen Sonnentautentakel (begonnen 1994), wurden ja von einigen Leuten seit den frühen 2000ern belächelt (angeblich(!) alles schon bekannt) und selbst nach der erfolgreichen Beschreibung der Katapult-Leimfalle bei PlosOne (man beachte die Metrix, hier das internationale Interesse im Vergleich zu themenverwandten Artikeln) 2012 verstieg sich ein bekannter Biologe sogar zu der wohl eher durch Neid oder andere persönlichen Motive als durch Sachlichkeit bedingten Behauptung: "Alle Sonnentautentakel bewegen sich irgendwie, wie sie das im Einzelnen machen ist unwichtig". Na danke noch nachträglich dafür. Botanische Beschreibungen und Diskussionen um Arten wie zu Zeiten Carl von Linnés lediglich an getrocknetem Herbarmaterial vorzunehmen und dabei das Zusammenspiel von Funktion und Morphologie am lebenden Sonnentau schlicht zu ignorieren, hielt ich schon lange für zu kurz gesprungen und aus wissenschaftlicher Sicht sogar für geradezu altertümlich. Jetzt gibt es halt wieder Gegenwind und die unerforschten Eigenschaften der T2- und T3-Tentakelköpfe werden erstmal wieder von einigen für irrelevant erklärt. Das geht mir aber nach rund 25 Jahren mit eigenen Experimenten an vielen Sonnentau ziemlich am Allerwertesten vorbei. Die bisherigen Erfolge unserer (peer-reviewten) Publikationen geben uns eindeutig recht und ich würde mich freuen, wenn wir hier im GFP-Forum einen sachlichen Input bekommen, der auch für die Entwicklung zukünftiger professioneller Experimente zur Aufklärung hilfreich sein könnte. Wir haben doch einige schlaue und talentierte Köpfe in der GFP, alles was Wissen um diese Phänomene voranbringt, ist in dieser Diskussion herzlich willkommen.

 

Also wer hat Ahnung von Van-der-Waal-Kräften oder andere Hypothesen?

 

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Eike Matthias Wacker
vor 2 Stunden schrieb Siggi_Hartmeyer:

Da zeigte sich unter kontrollierten Laborbedingungen am Beispiel des zufällig geschleuderten Quarzkorns, dass die trockenen Tentakelköpfe erstaunliche Eigenschaften haben [...].

 

Wodurch ist die Annahme gesichert, dass es sich hierbei um trockene Oberflächen handelt?

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Siggi_Hartmeyer
Zitat

Wodurch ist die Annahme gesichert, dass es sich hierbei um trockene Oberflächen handelt?

 

Es ist dort kein Fangschleim, also aus Polysacchariden bestehendes Hydrogel wie auf den T0- und T1-Tentakeln feststellbar. Der würde jedenfalls sichtbare Fäden ziehen. Unter dem Mikroskop erkennt man, dass selbst kleine trockene Fischfutterflocken auf der Oberfläche nicht benetzt werden und selbst wenn das kein Beweis ist, wird in der Literatur bei Schnelltentakeln stets nur von trockenen oder schleimlosen Tentakelköpfen gesprochen. Speziell im Fall der T3-Tentakel von D. glanduligera, die als Trittschalter funktionieren (Foto unten Gewebeschnitt, Poppinga et al. 2012), konnte ich auch unter den teuren Mikroskopen der Freiburger Bioniker bei den Arbeiten für die PlosOne-Publikation 2012 am abgehobenen Kopf keinerlei Flüssigkeitsfilm feststellen. Eine klare Ausnahme sind allerdings die offensichtlichen Relikte von Schnelltentakeln (mit bilateralsymmetrischen Köpfen) bei D. prolifera, die meist unter das Blatt geklappt tatsächlich auch sezernieren. Bei dieser - phylogenetisch durchaus interessanten - Ausnahme ist der Schleim problemlos sichtbar und zieht mit einer Mikroskopiernadel berührt Fäden.

 

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Also Leute,

 

erst einmal von mir das absolute Kompliment von mir an die unglaublich kompetenten Argumente, die ihr hier austauscht, ich bin völlig fasziniert.

 

Zugegebenermaßen verstehe ich zwar kein Wort von dem, was ihr schreibt (ich komme mir gerade vor wie in einem chinesischem Forum), aber das klingt echt irre.

Also, sofern ihr irgendwann Ergebnisse und einen gemeinsamen Konsens gefunden habt, erklärt ihr mir das nach dem dritten Cocktail auf einer JHV oder in Bonn nochmal in aller Ruhe, ok?

Das verstehe ich dann vermutlich genauso wenig wie jetzt, mit einem Bier oder Cocktail macht das aber bestimmt noch mehr Spaß. ?

 

Grüße

Wolfgang

 

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Lieber Siggi,

vielleicht wurde es ja schon gemacht - hab hier etwas den Überblick verloren- aber es wäre interessant, sich die entsprechenden Strukturen mal im REM anzusehen....

vielleicht handelt es sich ja doch um Nanostrukturen, wie z.B. beim Gecko-Fuß, die diese Haftfähigkeit ermöglichen!

GlG, Peter.

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Zitat

erklärt ihr mir das nach dem dritten Cocktail auf einer JHV oder in Bonn nochmal in aller Ruhe, ok?

 

Vielen Dank und sehr gerne Wolfgang! Irmgard und ich drücken ganz fest die Daumen, dass solche Treffen ab Herbst wieder in den Bereich des Möglichen rücken.

 

Zitat

aber es wäre interessant, sich die entsprechenden Strukturen mal im REM anzusehen

 

Lieber Peter, da gibt es sogar bereits REM-Aufnahmen. Die der "Relikte" der Schnelltentakel bei D. prolifera wurden sogar schon erstmals 1993 von Seine & Barthlott (On the morphology of trichomes and tentacles of Droseraceae Salisb. Beitr Biol Pflanzen 1993; 67:345 - 66) gezeigt. Es gibt durchaus noch weitere Aufnahmen. Aus unserer PlosOne Publikation (Poppinga et al. 2012) wurde die REM-Aufnahme unten, auch scherzhaft "die Hand Gottes" genannt, recht bekannt. Um diese Strukturen auf Nanoeffekte zu untersuchen, wären nach meiner Einschätzung jedoch zusätzliche funktionsmorphologische Experimente im Labor nötig, die zudem aus Gründen der Übersicht und Vollständigkeit Vergleiche diverser Arten verschiedener Sektionen zeigen sollten. Da gibt es zumindest in der "Pad-Form" augenfällige Unterschiede.

 

Was unterscheidet die Oberfläche/Eigenschaften der bei fast allen modernen Sonnentau vorhandenen Schnelltentakel bei Sämlingen von denen der adulten Pflanzen? Möglicherweise sind die identisch, das muss aber nicht sein. Warum verläuft die Ontogenese (Entwicklung) der T3-Tentakel der phylogenetisch recht alten D. glanduligera umgekehrt wie bei den modernen Drosera (siehe Videolink unten)? Unterscheiden sich etwa die runden "Pads" der Zwergdrosera (Sektion Bryastrum) untereinander (es gibt da schnelle Katapulte und im Vergleich langsame Bewegungen) oder von den länglichen Tentakelköpfen der Sektion Drosera? Lassen sich diese Strukturen eventuell sogar in praktische biomechanische Anwendungen umsetzen? Das wird - hoffe ich - alles noch gemacht. Im Grunde sind das nicht mal sehr komplizierte Untersuchungen, aber es werden spezielle und teure Geräte sowie kostbare Laborzeit für solche Experimente benötigt. Wegen der Covid-Situation ist eine Zusammenarbeit an Unis derzeit leider kaum möglich. Leider, leider mussten 2020 sogar bereits laufende sehr interessante Experimente, wenn auch nicht speziell zu den "Pads", deshalb unvollendet abgebrochen werden. Diese Situation ist tatsächlich mit ein Grund, warum ich jetzt auch in diesem Forum mal die Fühler nach neuem "Input" ausstrecke und versuche breiteres Interesse an dieser Forschung zu wecken, bei der ich ohne jede Übertreibung und im Gegensatz zu einigen "Fachleuten" noch viel Luft nach oben sehe.

 

Tentakel_II-a_792x_14_02_2012.jpg.d04ca66b09da65457c9e9279c4abdbdf.jpg

 

Der Trittschalter (Tentakelkopf) der größten Katapult-Leimfalle (D. glanduligera) unterscheidet sich in Form und Funktion wesentlich

von den "Pads" der kleinen Katapulte der Zwergdrosera (Beispiel D. occidentalis). Diese REM-Aufnahme nannten wir scherzhaft auch "die Hand Gottes".

 

 

Bearbeitet von Siggi_Hartmeyer
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