Zum Inhalt springen

Orchideenspaziergang im Nationalpark Gesäuse


Mossman

Empfohlene Beiträge

Hallo an alle Naturbegeisterten und Orchideenfreunde!

 

Heute möchte ich euch gerne Eindrücke von einer kleinen Wanderung zeigen, die ich Anfang Juni unternommen habe.

Unterwegs war ich im österreichischen Nationalpark Gesäuse. Der Park ist einer von landesweit insgesamt sechs derartig ausgewiesenen Schutzgebieten und besteht als jüngster der Nationalparks erst seit 2002. Entlang des Flusses Enns erstreckt sich der Park über eine Fläche von 11.306 Hektar. Insgesamt 14 Pflanzen- und 89 Tierarten gelten hier als endemisch. Darüberhinaus beherbergt der Park allein über 200 verschiedene Schmetterlingsarten. Die Enns hat sich im Gesäuse im Laufe der Zeit ihren Weg durch das Kalkmassiv der Ennstaler Alpen gegraben. Durch Kraftwerksbau und Aufstauanlagen hat der Fischbestand des Flusses in den letzten beiden Jahrzehnten kontinuierlich abgenommen und ist mittlerweile alarmierend gering. Der Park beherbergt auch einige entomologische Kostbarkeiten, so zum Beispiel das nördliche Riesenauge, eine sehr seltene Weberknechtart, die unter anderem im Gesäuse vorkommt. Wer jetzt interessiert ist, kann hier noch vieles rund um den Park nachlesen: https://nationalpark-gesaeuse.at

 

DSC_1201

 

Organisiert war die Tour vom Tourismusverband des Nationalparks, geführt von einem Ranger, mit dem Ziel, die heimische Orchideenflora kennenzulernen und zu erleben. Was die Orchideen angeht, wird hier vieles zum Schutz unternommen und in den letzten Jahren auch konsequentes „Monitoring“, sprich Bestandsaufnahmen zur Dokumentation der Entwicklung von Standorten betrieben. Dabei darf aber keinesfalls in die bestehende Vegetation eingegriffen werden, ein ganz entscheidender Grundsatz des Naturschutzes im Park. Dass es hin und wieder trotzdem Ausnahmen gibt, etwa wenn durch einen Sturm ein Baumstamm auf einem Frauenschuhstandort landet und dort den Orchideenaustrieb platt macht, erzählt mir Reinhard, unser Guide. Dann rückt der Ranger schon mal mit der Motorsäge aus um den Pflanzen „auszuhelfen“. Obwohl er dann zugibt, sich schon etwas zwiegespalten zu fühlen, weil es eigentlich ja oberstes Credo ist im Park der Natur ihren Lauf zu lassen.

Auf dem ca. 4 Stunden dauernden Spaziergang konnten wir immerhin 14 der österreichweit bekannten 70 verschiedenen Orchideenarten entdecken. Ein besonderes Highlight für mich waren die natürlichen Standorte des Marienfrauenschuhs, cypripedium calceolus, und das rote Waldvöglein, cephalanthera rubra. Ich kann euch hier nur einen Teil der unglaublichen Artenvielfalt des Nationalparks zeigen, aber wenn ihr mögt nehm´ ich euch mit auf diesen kleinen Spaziergang.

 

Entlang der Eins führte unser Weg durch einen schattigen Mischwald, in dem wir Fuchs-Knabenkraut, großes Zweiblatt und die Vogelnestwurz, Neottia nidus-avis, beobachten konnten. Hier wuchsen auch Sumpfstendelwurzen (zu dieser Zeit noch nicht in Blüte) und die Einbeere (Paris quadrifolia).

 

Dactylorhiza fuchsii:

DSC_1202

 

DSC_1215 Kopie

 

Die 3-spaltige Lippe der Blütenblätter soll ein typisches Erkennungsmerkmal für das Fuchsknabenkraut sein:

DSC_1204 Kopie

 

Vogelnestwurz:

DSC_1209 Kopie

 

Großes Zweiblatt, listera ovata:

DSC_1205

 

Keine Orchidee, aber auch sehr schön: Rundblättriges Wintergrün, pyrola rotundifolia:

DSC_1217 Kopie

 

Paris quadrifolia, hier mit fünf Blättern:

DSC_1211 Kopie

 

Nomen est omen - Teufelskralle:

FC5660EA-4004-4831-B38F-CA24980A55DE

 

Weiter ging es einen geschlungenen Pfad vorbei an moosbewachsenen Bäumen zu den ersten Standorten von cypripedium calceolus. Viele davon waren leider schon verblüht oder am Abblühen. Umso mehr freute es mich als mir unweit des Pfades entlang der Enns diese Schönheiten entgegenleuchteten. Die Pflanzen wuchsen hier im Kalkschotter am Ufer des Flusses im Schatten des Wurzelballens eines umgestürzten Baumes.

 

DSC_1221 Kopie

 

Flechtenbewuchs an einem Baumstumpf nahe dem Frauenschuhstandort:

73D02DB4-03DE-48C4-9576-6AA54ADC9DE8

 

Unser Weg führte sanft bergauf, durch einen lichten Buchenmischwald in dem wir die Korallenwurz kennenlernen durften und, als Standort im Mischwald eher untypisch, auch eine Fliegen-Ragwurz entdeckten.

 

1F259D53-5CE8-4758-B381-8414C18B1CCC

 

Dann ging es weiter hinauf und ins freie Gelände, wo wir über Magerrasen entlang des Mischwaldes auf eine weitläufige steppenartige Tallandschaft gelangten, an die sich ein ausgetrocknetes Bachbett anschloss. Hier soll es auch Kreuzottern geben! Wir hatten an diesem Tag leider nicht das Glück welche anzutreffen, wurden aber mit einem atemberaubenden Blick auf die Bergwelt des Gesäuses mit in der Ferne glitzernden Wasserfällen belohnt.

 

DSC_1234 Kopie

 

DSC_1236 Kopie

 

Der Hitze dieser Landschaft entfliehend, folgten wir einem Waldweg in einen dichter werdenden Fichtenjungwald, in dem neben Salomonsiegel wieder einige Frauenschuhe zu sehen waren, die hier jedoch auf Grund der zunehmenden Verbuschung und des folgenden Lichtmangels in ihrer Zahl bereits abnehmen.

 

E44EE67B-6F0F-4C3A-927E-2A2E10F44170

 

Salomonsiegel, polygonatum odoratum:

DSC_1240 Kopie

 

Marienfrauenschuh, cypripedium calceolus:

DSC_1242

 

DSC_1239 Kopie

 

Über eine Brücke erreichten wir schließlich den schönsten der Standorte des Marienfrauenschuhs, in einem halbschattigen Waldstück zwischen dem Fluss und einer Asphaltstraße gelegen. Einfach nur traumhaft!

 

DSC_1267 Kopie

 

DSC_1260 Kopie

 

DSC_1253 Kopie

 

DSC_1251 Kopie

 

Gegenüber, auf der anderen Seite der Straße wuchs das schmalblättrige Waldvöglein, Cephalanthera longifolia.

 

DSC_1261 Kopie

 

Ein paar Meter weiter gelangten wir auf eine Kalksteinhalde. Hier fanden wir weitere Fuchsknabenkräuter sowie natürlich entstandene Hybriden zwischen breitblättrigem Knabenkraut und Fuchsknabenkraut.

 

DSC_1270 Kopie

 

Dactylorhiza majalis hat einen hohlen, zusammendrückbaren Stängel, der vom Fuchsknabenkraut ist im Gegensatz dazu nicht hohl. Die Hybride zeigt Eigenschaften beider Arten, der "kantige" Stängel als Merkmal von D. majalis ist hier gut zu erkennen. Außerdem eine kleine Spinne, die mit aufs Bild wollte:

32CD4B73-A1C4-4F13-A19E-8BB37763FDF0

 

Und dann, an einem wirklich unscheinbaren Fleck kahlen Hangs mitten im Schutt stand sie da. Das rote Waldvöglein. Zum ersten Mal durfte ich diese Schönheit am Naturstandort bestaunen - ein ganz besonderer Moment für mich.

 

65BE209D-966C-42BB-89D8-C7218375716E

 

E9BE7C52-5B90-4340-A029-9D37537A2A0B

 

Nach einer kurzen Rast folgten wir einer Straße, die uns wieder auf den Weg brachte, welcher uns hergeführt hatte. Diesem folgten wir mit geschärftem Blick auf die heimische Orchideenflora zurück zum Ausgangspunkt.

 

DSC_1273 Kopie

 

Im Schatten der Laubbäume ging es den Waldweg retour...

DSC_1282 Kopie

 

...Und noch einmal am Frauenschuh vorbei...

DSC_1277 Kopie

 

Überraschung am Heimweg - Cephalanthera damasonium mit Fliege als "Topping":

01A0AF3B-C760-43FC-ACA5-DF16DA8027AD

 

Ich hoffe euch hat dieser kleine Ausflug mit Einblicken in die Naturschönheiten des Nationalpark Gesäuse gefallen.

 

Viele Grüße und noch einen ruhigen Sonntagabend,

 

Alex

Bearbeitet von Mossman
Korrektur der Autokorrektur
  • Gefällt mir 14
  • Danke 5
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Alex, 

da kann ich nur den Hut ziehen.   Vielen Dank für deine Tollen Bilder. 

In Wort und Bild, wirklich ein kleines Meisterwerk. 

 

Gruß Manfred 

  • Gefällt mir 1
  • Danke 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo 

wunderschön dein kleiner Spaziergang! Gerne mehr davon.

 

mfg 

 

elvis 

  • Danke 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hi,

 

Einfach nur WOW !!

Tolle Pflanzen und Klasse eingefangen vom Fotografen.

Danke fürs teilen.

 

Grüße

J.

  • Danke 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Vielen Dank für euer positives Feedback! Freut mich, dass es euch so gut gefällt.

 

Ich kann denjenigen, die den Park von der Distanz her gut erreichen können nur wärmstens einen Besuch empfehlen.

Über das Tourismusbüro Admont werden viele spannende Aktivitäten angeboten, so z.b. Fotografieworkshops (Orchideen, Wildtiere), geführte Wanderungen, Malereikurse etc.

Man kann aber auf Wunsch auch ganz individuelle Ausflüge mit einem Ranger planen.

 

Lg

  • Danke 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Im Anschluss haben wir noch eine Ausstellung besucht. Elektronenmikroskopfotografie mit Motiven aus der Welt der Insekten.


Deutsche Wespe:

AB1D146C-E821-4920-B7B2-D19953EFDF7F


Lauernde Wolfsspinne:

C2C25244-1691-4633-8F52-160A6C91DEB4


Hummel:

0196D0C7-3D5B-4027-98DB-21CE1295B3DE


Und so fotografiert der Profi den Frauenschuh:

210348F4-8A70-4350-8B9B-6DC3BF849BF7


Lg Alex

  • Gefällt mir 2
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Alex,

Toller Bericht mit ganz tollen Fotos. Diese Region ist wirklich bemerkenswert. Für alle, die in der Region Urlaub machen empfehle ich auch die Wurzeralm in der Nähe von Windischgarsten. Dort gibt es sehr große Flächen mit verschiedenem Knabenkraut, in dem das Weidevieh rumtrampelt, Frauenschuh soll es auch geben, habe ich aber nicht entdeckt. In einem Moor am südlichen Rand habe ich Dr. rotundifolia und anglica entdeckt und an einem Sickerhang Fettkraut. Weitere sehr interessante Pflanzen gibt's dort ebenso, einfach mal googeln. 

Daniel 

  • Danke 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde Dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde Dich hier an.

Jetzt anmelden
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Wir haben Cookies auf Deinem Gerät platziert. Das hilft uns diese Webseite zu verbessern. Du kannst die Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass Du damit einverstanden bist, weiterzumachen. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.