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Mein Leben als Trauermücke, 1.


Gast Marco

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Das erste an das ich mich erinnere, ist die Innenseite meines Eies. Nachdem ich mich aus diesem befreit hatte, erschien mir meine Welt als riesig. Es gab soviel Neues zu enddecken, doch ich war nicht allein, um mich herum waren meine Eigeschwister, und wir hatten nur eine Aufgabe: Angefaultes Pflanzenmaterial fressen, um schnell zu wachsen. Und die Wahl unserer Mutter zur Eiablage erschien auf den ersten Blick als wirklich optimal, es war feucht, warm und es gab viel zu fressen. Wir hatten noch nicht einmal die üblichen Fressfeinde, so wie sie in unserem Eigedächtnis gespeichert waren! Dennoch... es verschwanden immer wieder Mitglieder unserer Eigeschwister auf Nimmerwiedersehn!

Wir erforschten hierauf unsere Welt, und mussten feststellen, dass sie gar nicht so groß war, die Ränder unserer Welt waren unsichtbar, aber undurchdringlich. So ergab sich eine Welt mit rechteckiger Grundfläche, welche jedoch teilweise nach oben hin offen war. Dies haben uns die anderen Bewohner unserer kleinen Welt bestätigt. An Mitbewohnern gab es vor allem drollige Wesen, länglich wie wir, jedoch besaßen sie bereits Beine. Am Hinterleib saß eine Art Gabel, mit deren Hilfe sie über große Entfernungen zu springen vermochten. Andere Wesen sahen aus wie wir, jedoch dünner und lebten in einer Wassersenke, zu diesen hatten wir jedoch keinen Kontakt.

Zusammen mit den Springschwänzen, wie sich unsere Nachbarn selbst nannten, gelang es uns die meisten Gefahren unserer Welt zu erkennen. Dies war jedoch mit einem hohen Blutzoll auf beiden Seiten verbunden. Doch es hatte sich gelohnt! Wir wussten nun, dass im Erdreich, dort wo wir unsere Nahrung aufnahmen, Fallen existieren! Es gab zwei Arten von Fallen, die einen reagierten auf Berührung mit einer Blitzschnellen Ausdehnung. Dies sog einen hinein, und man wurde nie mehr gesehen. Die andere Fallenart war nicht minder heimtückig, man dachte ein gefundenes Fressen vor sich zu haben, folgte der Spur, nur um herauszufinden, dass man nicht mehr umkehren konnte! Auch von diesen Unglücklichen ward dann nichts mehr gesehen!

Doch mit der Zeit wuchsen wir zu einer Größe heran, die es uns erlaubte diese Fallen zu ignorieren. Die meisten Verluste mußten mittlerweil die Springschwänze beklagen, die oft nach ungezielten Sprüngen verschwanden. Doch auch unsere Zahl verringerte sich weiter... Dies lag daran, dass wir mittlerweil unsere Nahrung zum Großteil oberirdisch zu uns nahmen, und wir so in neue Fallenarten gerieten, die wir noch nicht kannten. Hierbei handelte es sich um Gras, das ganz oder teilweise mit Tau bedeckt waren. Doch diese Gräser waren nicht mit Tau bedeckt, sondern mit einem starken Leim, von dem es kein Entkommen gab! Eine weitere Art, für uns weit weniger gefährlich, da wir sie nicht erreichten, tötete Springschwänze zu Massen. Hierbei handelte es sich wieder um eine klebende Pflanze, doch waren hier die Leimtropfen kleiner, fast ein Film über das gesamte Blatt, und sie hatten nicht die Form von Grässern, sondern eher wie ein Bündel große Blätter. Dies war auch der Grund dafür dass soviele Springschwänze dort elend verenden mußten... Die Gefahr mit einem ungezielten Sprung auf solch einem Blatt zu landen war einfach enorm!!!

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Die wenigen Überlebenden versprachen sich, das Wissen um diese Gefahren der nächsten Generation in Form eines erweiterten Eigedächtnisses mitzugeben. Dann kam der große Tag, wir verpuppten uns! Ich weiss nicht wieviele meiner Geschwister es geschafft hatten, doch ich hatte mir geschworen, sofort nach meiner Metamorphose diese Welt zu verlassen! Und ich schaffte es, das erste was ich als Trauermücke sah, war einen veränderten Himmel. Jetzt entsprach der Himmel meinem Eigedächtnis, er war blau, und die Sonne sah nicht mehr so künstlich aus. Freudig erregt machte ich mich auf, und entkam meinem Gefängnis durch einen Spalt. Erst jetzt bemerkte ich meinen Hunger, doch meine alte Nahrung sagte mir nicht mehr zu, ich wollte süßen Nektar. Die einzigen Blumen waren jedoch in meinem alten Gefängnis, und das wollte ich nie mehr betreten. Doch was war das, ein süsser Duft stieg mir in die Nase! Dicht neben der unsichtbaren Wand meiner alten Welt wuchsen viele Pflanzen, und von dort kam der Duft. Es war jedoch keine Blume, sondern ein eigenartiges Gebilde. Eine Pflanze, flach am Boden, und an den Enden runde, bezahnte Verdickungen, fast wie ein Teller, und nicht gefärbt, sondern grün. Von Klebetropfen konnte ich nichts enddecken, doch zwischen den Zähnen schimmerte der Nektar. Zur Vorsicht lies ich mich zuerst auf einer Pflanze nieder, welche die Zähne geschlossen hatte, und kostete den Nektar. Oh welche Wonne, ein herrliches Ambrosia! Ich konnte mich nicht sattessen. Und im Nu hatte ich den gesammten Nektar aufgeschlürft. Darauf hin flog ich zu einer geöffneten Pflanze und leckte auch hier den süssen Saft auf. Dabei musste ich aufpassen nicht auszugleiten, denn unterhalb des Nektars gab es keinen Halt, nur drei dünne Härchen zeigten in meine Richtung. Dann hatte ich meinen Hunger gestillt und lies meiner Lebensfreude freien Lauf, so flog ich denn hierhin, dorthin. Putzte mich und flog weiter, doch Übermut tut selten gut, ich achtete nicht mehr weiter darauf, wohin ich flog, und nach meiner letzten Landung, saßen plötzlich drei meiner Beine fest! Ich fiel in eine Schreckenstarre und musste hilflos mitansehen, wie sich immer mehr Härchen mit Leimtropfen mir näherten. Ich versuchte immer wieder mich zu befreien, doch es war sinnlos, ich wurde in die Mitte des Blattes transportiert. Dann begann das Martyrium erst recht, ich spürte wie an den Kontaktstellen mein Körper zu jucken begann. Doch dabei blieb es nicht, es wurde immer heftiger, es brannte so sehr, daß ich fast verrückt wurde. Dazu kam noch, daß  der Leim langsam aber sicher meine Atemöffnungen blockierte. Dann fing die Lähmung an, oder die Ohnmacht über meine Gliedmassen, und nun wo langsam alles um mich herum verschwimmt und es dunkel wird, bedauere ich nur, daß es mir nie gelingen wird, das Eigedächtnis zu erweitern, denn wer wird schon meine Geschichte hören, und weitererzählen? Vieleicht hat ja einer meiner Geschwister mehr Glück...

Es geht zu Ende, ich spüre wie das Leben mich verlässt, noch einmal kehrt mein Augenlicht zurück und ich sehe die

Welt um mich herum so klar wie noch nie! Doch was muß ich um mich herum sehen? Leichen, überall Leichen, all meine

Verwandten, meine Geschwister, sie sind kleben über mir, unter mir, überall, welche Schmach, so eine Verschwendung,

son,mt, sldflk. pff....

Langsam sinkt die Sonne, und das Terrarium, die Venus sowie die, nach erfolgreicher Jagd,  gut gedüngte Drosera binata var dichotoma werden wieder ins Zimmer getragen...

copyright Fandel Marco

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Gast Andreas Siegler

Servus!

Hast du eine Karriere als Schriftsteller geplant? Ich finde die Geschichte echt gut und phantasievoll. Eine gute Idee, das ganze mal aus der "anderen" Perspektive zu dokumentieren!

Andreas

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  • 2 Wochen später...

Wow

Ich kann mich nur tiny-frog und Panama01 anschließen!

Die Shortstory ist einfach toll!!

PS: Es sollte noch erwähnt sein, dass unter dem Copyright von Marco steht!

@Marco: Setzt ein Copyright, wir sind deine Zeugen! ;D

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  • 2 Wochen später...

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