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Vertikale Landwirtschaft


Michael Hofreiter

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Michael Hofreiter

Hallo,

 

ich habe für ein Projekt versucht den Flächenbedarf und die Machbarkeit von vertikaler Landwirtschaft, mit Einbeziehung der Stromversorgung zu berechnen.

 

Der Beitrag hat zwar direkt nichts mit Fleischis zu tun, aber ich denke die Mehrheit der Terrariumbesitzer wird selbst auch schon vergleichbare Rechnungen gemacht haben.

 

Also sagt mir bitte wenn ich etwas vergessen, oder einen Fehler in meiner Rechnung habe:

 

 

Zuallererst muss man sich überlegen, wie viel Strom ein Quadratmeter beleuchtete Anbaufläche braucht.
Dazu muss man eine gewünschte Beleuchtungsstärke festlegen, was man nicht mit Candela/Lumen oder LUX macht, da diese Werte für das menschliche Auge ausgelegt sind (V-Lambda-Kurve – Wikipedia).
Für die Beleuchtungsstärke bei Pflanzen nutzt man am besten PAR (Photosynthetisch aktive Strahlung – Wikipedia).

Für verschiedene Pflanzen braucht man natürlich verschiedene Intensitäten. Diese liegen ca im Bereich von 100 - 1000 PAR pro m^2 (MIGRO | Learn grow lighting basics | What is PAR | How much light do I need for my grow?, The Science of LED Grow Lights for Your Indoor Garden – IGWorks)

 

Für die Rechnung benutze ich 500 PAR pro m^2, welche z.B. bei Tomaten erforderlich sind.

Als nächstes brauchen wir einen Wert für die Menge an PAR, welche eine moderne Pflanzlampe pro Watt liefern kann. (ZEUS 308 XT High-Performance KIT 4000k - CC Modul)
Dieser liegt aktuell ca bei 3 PAR/w.
Die benötigte Leistung pro m^2 also bei 500 PAR / 3 PAR/w = 166w.

Die Leistung die an einem Sonnigen Tag im Sommer in Deutschland den Boden erreicht liegt bei bis zu 1000w/m^2 (Globalstrahlung – Wikipedia).


In Summe treffen in Deutschland im Schnitt pro m^2 im Jahr etwa 1000kw/h an Strahlung auf (Globalstrahlung – Wikipedia).
Bei einer Effizienz von 25% für Solarzellen kann man also im Jahr 250kw/h pro Quadratmeter PV-Fläche an elektrischen Strom gewinnen.

Wenn wir die oben errechneten 166W für 8 Stunden am Tag bereitstellen brauchen wir für einen Quadratmeter Anbaufläche pro Tag 1,33kw/h und pro Jahr 485kw/h.

Also können wir pro Quadratmeter PV-Fläche eine Anbaufläche von 0,52m^2 , das ganze Jahr beleuchten.

Stellen wir auf die Fläche zusätzlich noch Windräder, so können wir noch 60kw/h pro m^2 im Jahr dazugewinnen, und so unsere Fläche auf 0,64m^2 Anbaufläche pro m^2 Fläche erhöhen (https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/potenzial_der_windenergie.pdf).

 

Die ganze Rechnung ignoriert allerdings wie der Strom über das Jahr gespeichert wird.
Windkraft ist zwar im Winter stärker vorhanden
(etwa doppelt so viel wie im Sommer https://www.solarserver.de/2020/02/28/windkraft-rekord-im-februar/),
jedoch gleicht dies nicht annähernd die niedrigen Werte von Photovoltaik im Winter aus
(etwa ein sechstel von der Leistung im Sommer Photovoltaik: Ertrag in Sommer und Winter – ein Vergleich).

Wer sich jetzt denkt, dann kann ja die Vertikale Kultur von Nutzpflanzen gar keinen Sinn machen:

Wenn wir 1m^2 Fläche für 0,64m^2 Anbaufläche verbauen fahren wir trotzdem knapp besser, da diese Fläche zu jeder Jahreszeit () beleuchtet und beheizt werden kann, also nicht ein halbes Jahr brach liegen muss.

Im Winter wären dann der Anbau von Pflanzen mit niedrigerem Lichtbedarf sinnvoll.

 

Außerdem muss man natürlich noch an die zahlreichen anderen Vorzüge denken:

 

> CO2 Konzentration kann künstlich angehoben werden, um das Wachstum zu beschleunigen

> Keine Umwelteinflüsse wie Dürren, Starkregen, Hagel, Wind, Frostperioden auf die Pflanzen

> Sterile Umgebung, also keine Schädlinge, Krankheiten, Pestizide → Bioqualität

> Temperaturregulation (Abwärme der LED sollte zum beheizen reichen)

> Quasi kein Wasserverbrauch außer dem Wasser das als Endprodukt die Anlage verlässt

> Quasi keine Umweltbelastung wie Eintrag von Düngern

> Fast alle Produkte können regional erzeugt werden (sogar Bananen, Avocado…) → NiedrigeTransportkosten/Emmisionen, guter Geschmack

 

Also letzendlich kann man sagen, die Flächennutzung wäre bei vertikaler Landwirtschaft in Deutschland leicht besser.
Stellt sich nur die Fragen ob das ganze wirtschaftlich umgesetzt werden kann, und wie man den Solar-Strom für verregnete Wochen und den Winter speichern kann (bzw. ob das überhaupt notwendig ist, oder lieber den Netzbetreibern überlassen werden soll).

 

 

Ich würde mich über Anregungen und Kritik an meiner Berechnung freuen.

 

Gruß

Michael

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Christoph Hübner

Hallo Michael,

 

ein spannender Vergleich, folgende Anmerkungen habe ich zu deinen Annahmen:

 

vor 2 Stunden schrieb Tyler Durden:

etwa 1000kw/h an Strahlung auf

Die richtige Einheit ist kWh/(m² a). Das taucht im Folgenden noch mehrmals auf.

 

vor 2 Stunden schrieb Tyler Durden:

Effizienz von 25% für Solarzellen

Hier würde ich eher 15 % ansetzen.

 

vor 2 Stunden schrieb Tyler Durden:

für 8 Stunden am Tag

Hier würde ich eher 12 h/Tag ansetzen.

 

vor 2 Stunden schrieb Tyler Durden:

Stellen wir auf die Fläche zusätzlich noch Windräder

Das würde ich nicht einbeziehen, da Windkraftanlagen zentrale Erzeuger sind. Deine Betrachtung ist meiner Einschätzung nach eher dezentral (urbaner Raum). Wie oft hast du schon eine Fläche gesehen, wo gleichzeitig Wind- und Solarenergie genutzt wird?

 

Die Vorteile, die du im Folgenden aufführst, bedingen einen sehr hohen Grad an Technisierung und damit sehr hohe Invest- und Betriebskosten. Hast du dir mal gedanklich skizziert, wie eine solche Anlage aussehen soll? Es ist ein Unterschied, ob du das in ein Wohn-/ Bürogebäude integrieren willst oder als Container auf die grüne Wiese stellst.

 

Ich halte den Einfluss der Unschärfe der getroffenen Annahmen und der nicht betrachteten Unbekannten für viel zu groß, als dass sich ein pauschaler Flächenvergleichswert ermitteln ließe.

 

Vorstellbar wäre dagegen ein "normales" Feld mit einem konkreten System für den vertikalen Anbau zu vergleichen. Solche Containersysteme gibt es ja bereits, wobei man damit sicher keine Bananen, sondern Salat und Kräuter für den Supermarkt daneben anbauen kann.

 

Was ich in Bezug auf unser Hobby sehr spannend und schon ausreichend komplex finde, ist der Vergleich Gewächshaus- versus "Kellerkultur". Also Heiz- versus Stromkosten für Beleuchtung bei ganzjährigen/ tropischen Kulturen.

 

 

Viele Grüße

Christoph

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vor 1 Stunde schrieb Christoph Hübner:

Was ich in Bezug auf unser Hobby sehr spannend und schon ausreichend komplex finde, ist der Vergleich Gewächshaus- versus "Kellerkultur". Also Heiz- versus Stromkosten für Beleuchtung bei ganzjährigen/ tropischen Kulturen.

Ohne den Thread hier kapern zu wollen, aber das ist definitiv eine sehr interessante Frage die mich in ähnlicher Form auch schon beschäftigt hat. Gerade vor dem Hintergrund dass die Wohnungsmieten hier in meiner Gegend wirklich sehr günstig sind (teilweise 200€ für 30m² warm) und ich weder Haus noch Grundstück für ein Gewächshaus habe. Hier fehlen mir aber die Vergleichswerte was ein ähnlich großes Gewächshaus an Heizkosten verschlingt, aber selbst wenn ich nur die Anschaffungskosten betrachte kommt die Indoorlösung nicht allzu schlecht weg.

 

Grüße

Phil

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